27. Februar 2018

Jeder Fünfte bricht Lehre ab

Jedes Jahr schliessen über 12'000 Jugendliche im Kanton Zürich einen Lehrvertrag ab. Ein Fünftel von ihnen wird die Stifti aber früher oder später abbrechen. Das zeigt eine Entwicklungsstudie zur Berufsbildung, welche die Bildungsdirektion heute Dienstagmorgen den Medien vorstellte.
Einer von fünf Zürcher Lehrlingen bricht seine Lehre ab, Tages Anzeiger, 27.2. von Helene Arnet


Grundsätzlich stellt sie dem Zürcher Berufsbildungssystem aber ein gutes Zeugnis aus. Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Bildung funktioniert, und der Kanton Zürich ist insbesondere bei der höheren Berufsbildung und den Fachhochschulen ein Magnet auch für junge Menschen aus anderen Kantonen.

Zweijährige Grundausbildung bewährt sich
Als Erfolgsmodell hat sich die neu eingeführte zweijährige berufliche Grundausbildung mit Berufsattest (EBA) herausgestellt. Sie ermöglicht vor allem eher praktisch begabten Jugendlichen den Erwerb eines eidgenössisch anerkannten Titels.

So ist der Anteil derjenigen, welche von der obligatorischen Schule direkt in die Berufsbildung übertreten, seit 2008 von 60 auf heute 65 Prozent gestiegen. 8 Prozent treten in die Mittelschule über – dieser Prozentsatz ist konstant geblieben. Von 5 auf 3,5 Prozent zurückgegangen ist der Anteil der Jugendlichen ohne Anschlussmöglichkeit.

Der Bericht lobt zudem, dass sich viele öffentliche und private Institutionen um jene Schülerinnen und Schüler kümmern, denen der Übergang von der Volksschule in die Berufsbildung schwerfällt. Allerdings sei es schwierig, hier die Übersicht zu behalten und die Angebote zu koordinieren.

Vielversprechend angelaufen ist zudem das 2010 gestartete Projekt Neugestaltung der dritten Sekundarklasse. Es verstärkt die Zusammenarbeit der Schule mit der Berufsberatung und bezieht die Eltern vermehrt in die Berufswahl ein.

Im Moment herrscht ein Lehrstellen-Überangebot, insbesondere deshalb, weil die Betriebe in den letzten Jahren deutlich mehr Lehrstellen anbieten. Allerdings ist dies nicht in allen Branchen spürbar. Betroffen sind vor allem gewerbliche Berufe, das Baugewerbe und Dienstleistungen.

Die Studie rechnet zudem mit einem künftigen Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich. Diese Ausbildung ist zwar derzeit bei den Jugendlichen recht beliebt, doch werden künftig noch mehr ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger benötigt, weil die Menschen immer älter werden.

Während man sich in den letzten Jahren stark mit der Förderung schulisch schwächerer Jugendlicher beschäftigt hat, muss nun die Talentförderung mehr Gewicht bekommen. Denn die Lehrbetriebe haben Mühe, anspruchsvolle Lehrstellen zu besetzen, da gute Schülerinnen und Schüler häufiger das Gymnasium besuchen als früher.

Wichtige Instrumente dazu sind laut Studie die Attraktivität der Berufsmaturität, der bilinguale Unterricht, also die Förderung der Fremdsprachen, und die Angebote von Auslandaufenthalten und für sprachlichen und kulturellen Austausch.

Orientierung nach unten
Zwei Trends sind besorgniserregend: Rund ein Fünftel aller Lehrverträge wird im Kanton Zürich vorzeitig aufgelöst. Und die hohe Durchlässigkeit innerhalb des Bildungssystems wird eher für Abstufungen genutzt als zum Aufsteigen in ein anspruchsvolleres Niveau.
Dies gilt auch bei schulisch begabteren Jugendlichen: Seit ein paar Jahren kommen mehr Verzögerungen und vorzeitige Austritte bei der Berufsmaturität vor. Der Kanton will deshalb Massnahmen treffen, um die Erfolgsquote in stark betroffenen Berufen zu erhöhen. Ein Trost: Die Auflösungsquote liegt immer noch um 2 bis 4 Prozentpunkte tiefer als das Landesmittel.

Männer brechen ihre Stifti häufiger ab als Frauen, Personen mit ausländischem Pass häufiger als Schweizerinnen und Schweizer. Überdurchschnittlich hoch sind die Quoten in der Coiffeur- und Schönheitsbranche und im Bereich Gastgewerbe und Catering. Unterdurchschnittlich fallen sie in den Ausbildungsfeldern Sozialarbeit und Beratung sowie Wirtschaft und Verwaltung aus.

55 Prozent der Lehrvertragsauflösungen erfolgten im ersten Ausbildungsjahr. Es wurden meist persönliche Gründe und eine berufliche Neuorientierung angeführt. So haben 42 Prozent der Jugendlichen, die ausgestiegen sind, unmittelbar anschliessend eine neue Berufsausbildung begonnen.

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