Fünf Jahre nach der Einführung des
Französischunterrichts in den dritten Klassen des Baselbiets ist die
Ernüchterung total: Die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die Gründe dafür sind
auch in der Didaktik der Lehrmittel zu suchen: «Mille feuilles» gilt als Flop.
Jetzt handeln die Regierungen der am Frühfranzösisch-Projekt Passepartout
beteiligten Kantone der West- und Nordwestschweiz. «Mille feuilles» wird für
die fünfte und sechste Klasse überarbeitet, wie dies aus einer Mitteilung der
Bildungsdirektion hervorgeht. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch die
Lehrmittel für die übrigen Stufen folgen werden.
«Es
werden Brücken gebaut zwischen Französisch, Englisch, Deutsch und den
Herkunftssprachen der Kinder», hiess es erwartungsvoll im Elternbrief des damaligen
Bildungsdirektors Urs Wüthrich im Frühjahr 2012 zur neuen «Didaktik der
Mehrsprachigkeit», die vor der Einführung stand. Den Eltern wurde angekündigt,
ihre Kinder würden schon bald «ohne Hemmungen sprechen und schreiben». Und:
«Die zu Beginn gemachten Fehler beeinträchtigen das spätere Erlernen der
richtigen Form in keiner Weise.»
Frühfranzösisch-Flop wird korrigiert, Basler Zeitung, 6.12. von Thomas Dähler
Kantone
handeln
Das
meiste dieser und weiterer Versprechungen erwies sich unterdessen als Illusion.
Entsprechend handeln jetzt die Passepartout-Kantone. Es braucht einen Grundwortschatz,
mehr Grammatik, alltagstaugliche Texte und auch einen neuen Umgang mit Fehlern,
wenn Frühfranzösisch künftig erfolgreicher gelernt werden soll, als dies die
Versuchskaninchen-Generation vermochte. Bereits heute unterrichten die
Lehrkräfte mit vielen Ergänzungen und alternativem Lernmaterial, um die
festgestellten Defizite zu beheben. Im jetzt beschlossenen neuen «Mille
feuilles» dürfte entsprechend von der ursprünglichen Lernideologie nicht mehr
viel übrig bleiben.
Frühfranzösisch
wurde im Baselbiet im Schuljahr 2012/13 eingeführt. In den übrigen
Passepartout-Kantonen war dies schon im Schuljahr 2011/12 der Fall. 2018 wird
der erste Jahrgang die Volksschule verlassen. Die festgestellten
Sprachkenntnisse und die durchgeführten Tests lassen nicht auf gute Erfahrungen
schliessen. Das ist längst bekannt. Ein Zwischenbericht der offiziellen
Evaluation durch das Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg ist
auf Juni 2018 angekündigt. Doch zuwarten wollten die zuständigen Bildungsbehörden
nicht: Die beteiligten Kantone sind übereingekommen, die Überarbeitung bereits
beim Schulverlag plus in Auftrag zu geben. Die Erscheinungstermine sollen im
ersten Halbjahr 2018 kommuniziert werden können.
Bereits
im Februar 2018 soll zudem ein ergänzendes Lehrmittel mit Sprechsituationen im
Alltag erscheinen. «On bavarde?» soll mithelfen, die festgestellten
Sprechdefizite zu beheben und Situationen im Alltag zu üben. Den Kantonen werde
«On bavarde?» zu einem vergünstigten Preis angeboten, heisst es in der
Mitteilung der Baselbieter Bildungsdirektion.
Volksinitiative
hängig
Auch
aus dem Kanton Baselland kam Druck, die unbefriedigende Situation zu beheben.
Mit dazu beigetragen haben dürfte eine Initiative des Komitees Starke Schule
Baselland, mit der ein Ausstieg aus dem Passepartout-Projekt gefordert wird.
«Stopp dem Verheizen von Schüler/-innen: Ausstieg aus dem gescheiterten
Passepartout-Fremdsprachenprojekt» wurde im April 2016 eingereicht und dürfte
dazu beigetragen haben, den jetzt eingeleiteten Rettungsversuch für das Projekt
Passepartout zu starten. Der Stellenwert der Frühfremdsprachen ist
grundsätzlich umstritten; das ungenügende Lehrmittel dürfte die unbefriedigende
Situation jedoch zusätzlich verschärft haben.
Noch
ist offen, wann die Initiative zur Abstimmung gelangt. Die Regierung beantragt
dem Landrat die Nein-Parole – in der Hoffnung, die beschlossene Überarbeitung
von «Mille feuilles» entspannt die Situation.
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