Ein überparteiliches Komitee empfiehlt ein
Nein zur Abschaffung der Privatschul-Beiträge.
Mehrkosten statt Einsparungen, Basler Zeitung, 22.8. von Thomas Dähler
Die Privatschulen sind für den Kanton Baselland nicht eine Belastung, sondern
eine Entlastung. Ihr Spareffekt beträgt jährlich 15 bis 20 Millionen Franken.
Dies hat Landrätin Marie-Theres Beeler (Grüne) gestern in Liestal an einer
Medienkonferenz des Komitees «Nein zur Änderung des Bildungsgesetzes»
vorgerechnet. Das überparteiliche Komitee bekämpft die Abschaffung der
Privatschulbeiträge, über die das Baselbieter Stimmvolk am 24. September
abstimmt. «Volksschule nicht belasten», lautet der Slogan des Komitees im
Abstimmungskampf. «Es geht uns um die Möglichkeit einer positiven Schulkarriere
für alle», sagte Beeler.
Nehme
die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Privatschulen ab, stiegen die
Kosten der Volksschule, argumentierte das Komitee. 16 747 Franken kostet ein
Primarschüler die Gemeinde pro Jahr, 19 500 Franken den Kanton ein
Sekundarschüler. Für eine Schülerin oder einen Schüler in einer Privatschule
entrichtet der Kanton zurzeit hingegen nur einen Jahresbeitrag von 2500
Franken.
Weniger
Privatschüler
Wenn
der Kanton die Beiträge für die heute 2000 Schülerinnen und Schüler, die eine
Privatschule besuchten, streicht, sinke diese Zahl. «Dies belastet die
Volksschule und verursacht mit hoher Wahrscheinlichkeit Kosten, die über den
heutigen Ausgaben von 3,7 Millionen Franken liegen», sagte Landrätin Florence
Brenzikofer (Grüne). Im Abstimmungsbüchlein steht das Gegenteil: Der Kanton
spare mit der Massnahme drei Millionen Franken. Anders als das Komitee «Nein
zur Änderung des Bildungsgesetzes» gehen die Regierung und die Mehrheit des
Landrats davon aus, dass auch mit 2500 Franken Mehrkosten gleich viele Eltern
wie heute ihre Kinder in Privatschulen schicken.
Brenzikofer
wies vor den Medien darauf hin, dass vor allem die Sekundarschulen heute mit
Klassengrössen arbeiteten, die nahe beim Maximum von 24 Schüler pro Klasse
liegen. Wenn noch mehr Schüler dazukämen, müssten zusätzliche Klassen gebildet
werden. Nur schon zehn zusätzliche Klassen würden zu Mehrkosten von 2,85
Millionen Franken für den Kanton und die Gemeinden führen. Einige der
Privatschulen seien zudem in ihrer Existenz gefährdet.
Das
Komitee kritisierte, dass Bildungsdirektorin Monica Gschwind nicht klar
deklariere, mit welchen Zusatzbeiträgen gerechnet werden könne. Die Vorlage zur
Abschaffung der Beiträge wurde vom Landrat mit einer Härteklausel versehen,
gemäss der die Regierung statt der heutigen Pauschalbeiträge für
einkommensschwache Familien abgestufte Unterstützungsbeiträge festlegen könne.
Gemäss mündlichen Aussagen der Bildungsdirektorin kämen Familien mit einem
Einkommen von bis zu 70 000 Franken und mit einem oder mehreren Kindern in der
Privatschule in den Genuss solcher Beiträge. Genaue Rechnungen über die
finanziellen Auswirkungen dieser Härteklausel gibt es ebenso wenig wie über die
finanziellen Folgen der Streichung der Beiträge insgesamt.
In
der Antwort der Regierung auf einen Vorstoss von Jan Kirchmayr (SP) heisst es,
Voraussagen zu den Kosten der Härtefälle seien nicht möglich, weil diese
Berechnung «einen unverhältnismässigen administrativen Mehraufwand und somit
höhere Personalkosten zur Folge» habe. Michael Weiss, Vizepräsident und
Geschäftsführer des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Baselland (LVB), erklärte,
gemäss seinen Berechnungen käme es bereits zu Mehrkosten, wenn nur gerade 15
Prozent weniger eine Privatschule besuchten.
Ein
Bildungsangebot für alle
Béatrice
Scholtes, Präsidentin der Elternlobby Baselland, plädierte für ein Nein, weil
mit dem Wegfall der Privatschul-Beiträge vielen Familien aus Kostengründen eine
Alternative verwehrt werde, wenn ihre Kinder in der Volksschule nicht
zurechtkämen. «Ein vielfältiges Bildungsangebot macht Baselland für Familien
attraktiv», sagte Scholtes. Dies sei heute auch ein Grund, sich für Baselland
als Wohnkanton zu entscheiden. Die Privatschul-Beiträge hätten dazu geführt,
dass die Anzahl Privatschülerinnen und Privatschüler seit 1999 um 23 Prozent
gestiegen sei.
Mehrere
Privatschulen kennen Schulgelder nach Einkommen, so die Schule für offenes
Lernen in Liestal (SOL), die Steiner-Schulen sowie die Unica in Liestal. Die
geplante Härtefall-Regelung ändere nichts daran, dass viele Familien sich die
Schule bei einer Streichung der Beiträge nicht mehr leisten könnten. Dem
Komitee «Nein zur Änderung des Bildungsgesetzes» gehören neben den
Vertreterinnen der Grünen auch aktive Politiker aus SP, FDP, CVP, EVP, BDP und
Grünliberalen an.
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