Würden
Sie gerne einen mit zwanzig Schülern besetzten Sprachkurs besuchen, bei dem
weit mehr als die Hälfte der Teilnehmenden überfordert ist? Wohl kaum. Aber
genau das ist die Situation im Frühfranzösisch an der Primarschule. All die gut
gemeinten Ratschläge, wie man Fremdsprachen besser vermitteln könnte, wirken
ziemlich abgehoben, wenn man die Rahmenbedingungen in der Primarschule kennt.
Da gibt es weder teilweisen Halbklassenunterricht für intensive Sprechschulung
noch die Möglichkeit, die völlig unterschiedlich begabten Schüler in Niveaus zu
unterrichten.
Unrealistische Vorstellungen vom frühen Sprachenlernen, 4.5. von Hanspeter Amstutz
Wie
abgehoben die Vorstellungen über den Lernerfolg bei den frühen Fremdsprachen
sind, zeigen die realen Resultate. Mehr als 60 Prozent der Sechstklässler
erreichen die elementaren Bildungsziele im Frühfranzösisch nicht. In keinem
andern Fach könnte man es sich leisten, mit so einer „Erfolgsquote“ den
Unterricht weiterzuführen. Beim Frühenglisch wiederum muss man sich fragen, ob
es sich lohnt, mehr als doppelt so viele Stunden einzusetzen, wenn die
Spätlerner mit weniger Aufwand den Rückstand auf der Sekundarschule aufholen
können.
Lernzeit
ist kostbar, denn die Lektionentafel der Primarschule ist begrenzt.
Unrealistische Vorstellungen über das frühe Sprachenlernen richten übers Ganze
gesehen in unserer Schule einen beträchtlichen Schaden an. Das aktuelle
Sprachenkonzept ist gescheitert, da es zu viele Verlierer hinterlässt und nicht
geeignet ist, bei der Mehrheit unserer Jugendlichen die Freude an drei Sprachen
nachhaltig zu fördern. Darum braucht es jetzt den Mut, den Tatsachen ins Auge
zu schauen und sich für einen besser gestaffelten Einstieg in die Fremdsprachen
zu entscheiden.
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