3. März 2017

Baselbieter Bildungsrat soll fachlich fundierter werden

Der Bildungsrat wird nicht abgeschafft. Dieses Fazit lässt sich nach dem zu Ende gegangenen Vernehmlassungsverfahren ziehen. Zwar unterstützen SVP und FDP die bei der Baselbieter Regierung bestellte Vorlage zur Einführung eines Beirats anstelle des Bildungsrats. Doch die übrigen, durchwegs negativen Stellungnahmen lassen darauf schliessen, dass das Unterfangen spätestens in der Volksabstimmung bachab geschickt wird. Dafür bürgt allein die Opposition der Gemeinden. Die Verschiebung von Kompetenzen vom Bildungsrat zur Bildungsdirektion schwächt nicht zuletzt die Gemeinden, in deren Zuständigkeit sich die Primarschulen befinden.
Experten fernab von der realen Schulwelt, Basler Zeitung, 3.3. von Thomas Dähler


In der Tat spricht vieles dafür, dass es ein auf Bildungsfragen spezialisiertes Gremium mit Entscheidungskompetenzen sinnvollerweise auch in Zukunft geben muss. Vor allem die Primar- und Sekundarschulen sind heute zu stark zum Spielball der kantonalen Politik geworden. Zwar nimmt der Bildungsrat für sich selber in Anspruch, als Fachgremium unabhängig von politischen und ideologischen Interessen zu entscheiden. Doch von einem Fach­gremium kann nicht die Rede sein.

Heute setzt sich der Bildungsrat ­ aus Vertretern von Wirtschaftsverbänden, Arbeitnehmerorganisationen und Parteien zusammen: mehrheitlich keine wirklichen Experten. Im Gegenteil: In der Vergangenheit hat sich der ­Bildungsrat vor allem dadurch ausgezeichnet, dass er Vorgaben der Bildungsdirektion beklatschte. Heute, nachdem das Volk bei den Wahlen für einen politischen Wechsel an der Spitze der Bildungsdirektion gesorgt hat, profiliert sich der Bildungsrat mit Obstruktionspolitik gegen den veränderten Kurs. Die Entscheide des Bildungsrats haben regelmässig einen ideologischen und politischen Beigeschmack.

Dass der Bildungsrat kein Fachgremium ist, hat er erst kürzlich bewiesen: Die Stundentafel, die der Bildungsrat in die Vernehmlassung geschickt hat, orientiert sich weder am Volksentscheid zu den Einzelfächern, noch an den realen Gegebenheiten im Schulalltag. Die Antwort des Bildungsrats auf die an der Urne besiegelte Stärkung naturwissenschaftlicher Fächer wie Chemie, Biologie, Physik oder Geografie besteht darin, diese Fächer künftig während einer einzigen Lektion pro Woche unterrichten zu lassen – ein Unterfangen, das gemäss Bildungsexperten keine grossen Lernfortschritte ermöglicht. Selbst die Hauswirtschaft hat in der vom Bildungsrat verabschiedeten Stundentafel den doppelten bis dreifachen Stellenwert erhalten. Wer Hausmännern statt Naturwissenschaftlern das Wort redet, entscheidet an den ­tatsächlich wichtigen Bildungsaufgaben vorbei.

Selbst die SP Baselland, die dem Bildungsrat grundsätzlich wohlgesinnt ist, schreibt in ihrer Vernehmlassungsantwort: «Über die Zusammensetzung des Bildungsrats kann und soll diskutiert werden.» Die SP bemängelt, dass Schulleitungen und Schulräte nicht vertreten sind. Damit liegen die Sozialdemokraten richtig. Schulleiter sind Experten und kennen den Schulalltag, Schulräte sind zwar Laien, aber sie sind in den Gemeinden gut verankert, als Ansprechpersonen für Eltern und Gemeinderäte verfügbar. Ein auf diese Weise zusammengesetztes Gremium stünde auf dem Boden der realen Schulwelt und wäre sowohl für Gemeindebehörden als auch für die Bildungsdirektion in Liestal ein Gewinn.
Kein Wunder, dass sich die heutige Bildungsdirektorin längst anders beholfen hat! Zusätzlich zum Bildungsrat in seiner heutigen Zusammensetzung führt Monica Gschwind regelmässig Gespräche mit Praktikern in der selber ins Leben gerufenen «Plattform Bildung» – eine indirekte Kritik an der fehlenden Praxisnähe des Bildungsrats in seiner heutigen Zusammensetzung.

Es ist unabdingbar, dass der Bildungsrat personell anders zusammengesetzt und mit einem neuen Katalog von Aufgaben und Kompetenzen ausgestattet wird. Die Gelegenheit ist günstig, dies mit dem Ansinnen zu verbinden, den Gemeinden mehr Autonomie zuzugestehen: Der Vorschlag des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG), die Vorlage unter Einbezug der Gemeinden neu zu erarbeiten, verdient Unterstützung.


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