14. Dezember 2016

Mehrheit der Aargauer Lehrer ist gegen den Lehrplan 21

Die Lehrerinnen und Lehrer im Kanton Aargau konnten sich bis jetzt nicht grundsätzlich zu den angekündigten Reformen rund um den Lehrplan 21 (LP 21) äussern. Eine Debatte an der Basis fand praktisch nicht statt. Der Aargauische Lehrerinnen und Lehrer-Verband (alv), der für alle Lehrpersonen sprechen will, förderte – ausser mit einer kurzen Konsultation – keine breite Diskussion. Der alv ging stattdessen ein Bündnis mit dem Departement BKS ein und versucht alle Lehrpersonen «auf Linie» zu bringen. Ein Vorgang, der auch in anderen Kantonen zu beobachten ist.
Umfrage bei Lehrpersonen im Kanton Aargau - Ergebnisse sind brisant! Medienmitteilung Komitee "Ja zu einer guten Bildung - Nein zum Lehrplan 21", 14.12.


Eine kritische Diskussion lässt der alv auch im Schulblatt nicht zu. Obwohl die Abstimmung über unsere Bildungsinitiative vom 12. Februar 2017 erst noch ansteht, führt das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) mit Unterstützung des alv und den Schulpflegen, sogenannte «Informationsveranstaltungen» durch, um die Linientreue zu erreichen. Diesem in einer Direktdemokratie äusserst fragwürdigen Vorgang wollen wir als Komitee etwas entgegensetzen.

Deshalb lancierten wir – nebst anderen Aktivitäten – eine Lehrerumfrage (siehe Beilagen). Schliesslich sind es die Lehrpersonen, die tagtäglich mit den laufenden Reformvorhaben konfrontiert sind und die den neuen Lehrplan, der zahlreiche bereits laufende Schulreformen zementiert, in ihrem Schulalltag umsetzen müssten.

Die Mail-Adressen der Lehrpersonen beschafften wir auf legalem Weg übers Internet. Das war zwar eine aufwendige Fleissarbeit, gewährt uns aber nun den autonomen Zugang zur Lehrerschaft im Kanton.

Die Ergebnisse der Umfrage sind geradezu eine Sensation!
An der anonymen Umfrage nahmen über 1‘200 Lehrpersonen (von rund 6‘000 Angeschriebenen) teil. Es ist aber davon auszugehen, dass viele Lehrpersonen nicht abstimmten, weil sie vom BKS und alv eingeschüchtert wurden. Beide haben relativ schnell auf unsere Umfrage reagiert und davor gewarnt, an der Abstimmung teilzunehmen.

Die Auswertung erfolgte extern über ein Umfrage-Tool, welches von einem Ostschweizer ETH-Studenten entwickelt und von ihm mit Server-Standort Schweiz erfolgreich betrieben wird.

Kurz zusammengefasst (siehe auch Detailauswertung nach Schulstufen in der Beilage) lässt sich zu den Antworten der Lehrpersonen folgendes aussagen:

FRAGEN:

1. Befürworten Sie, dass bereits auf der Primarstufe zwei Fremdsprachen (Franzö- sisch und Englisch) unterrichtet werden?
Ergebnis: Die Lehrpersonen sind mit 52.4% gegen eine zweite Fremdsprache auf der Primarschulstufe. Nur 35.5% sind für zwei Fremdsprachen auf der Primarschulstufe.

2. Befürworten Sie an der Oberstufe statt der Einzelfächer Geografie, Geschichte, Biologie, Physik und Chemie die beiden Sammelfächer «Räume, Zeiten, Gesellschaften» und «Natur und Technik»?
Ergebnis: Die Lehrpersonen sind mit 58.3% gegen Sammelfächer auf der Oberstufe. Nur 27.8% sind für Sammelfächer auf der Oberstufe.

3. Befürworten Sie den zentralen Punkt des LP21, das «selbstorganisierte Lernen», welches Stoffauswahl und Lernprozesse (Stichwort Lernlandschaften) weitgehend den Schülern überlässt?
Ergebnis: Die Lehrpersonen sind mit 66.5% gegen das „selbstorganisierte Lernen“. Nur 21.3% sind für selbstorganisiertes Lernen.

4. Sind Sie der Meinung, dass die Lehrerpersönlichkeit zentral ist für den Lernerfolg in der Klasse und bei der Stoffvermittlung eine aktive Rolle spielen muss?
Ergebnis: Die Lehrpersonen sind mit 88.8% dafür, dass die Lehrerpersönlichkeit zentral ist für den Lernerfolg in der Klasse und bei der Stoffvermittlung eine aktive Rolle spielen muss. Nur 5.5% sind gegen eine aktive Rolle der Lehrperson.

5. Wollen Sie auch in Zukunft mit Jahreszielen arbeiten?
Ergebnis: Die Lehrpersonen sind mit 67.3% dafür, auch in Zukunft mit Jahreszielen zu arbeiten. Nur 13.7% sind gegen Jahresziele.

Ausser der Frage 1 zielen alle Fragen auf zentrale Elemente des Lehrplans 21. Mit der Annahme der Initiative «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» könnte der LP 21 nicht eingeführt werden. Mit unserem Vorschlag eines neuen Gesetzesparagraphen fordern wir anstatt der neuen Sammelfächer den Fächerkanon (u.a. mit nur einer Fremdsprache auf der Primarschulstufe!) und anstatt Zyklen klare Jahrgangsziele. In zentralen Begleitpapieren für den LP 21, erstellt und abgesegnet durch die Eidgenössischen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), wird zudem das «selbstorganisierte Lernen» propagiert und die Lehrperson als blosser «Coach» abgewertet.


Fazit: Eine Mehrheit der Lehrpersonen im Kanton Aargau unterstützt damit wesentliche Teile unserer Initiative und stellt sich gegen den Lehrplan 21.

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