16. Oktober 2016

Frustrierte SP

Irgendwie ist es nachvollziehbar, dass SP-Fraktionspräsidentin Miriam Locher undJungpolitiker Jan Kirchmayr frustriert sind. Ihre Bildungspolitik befindet sich in einer Sackgasse und ein Ausweg muss her, notfalls auch mit Anschwärzen und Verunglimpfen. Zu spüren bekommt das auch die Starke Schule Baselland beziehungsweise ihre Vorstandsmitglieder, die hin und wieder auf eine etwas hilflose Art schlecht­­geredet werden.
Frustrierte SP schwärzt Starke Schule an, Basler Zeitung, 15.10. von Alina Isler
Der Vorstand der Starken Schule Baselland wird sich in seiner Arbeit dadurch nicht beeinflussen lassen. Zu erfolgreich war das Mitte-links-Komitee mit seinen stetigen Bemühungen in den vergangenen Jahren: Die unsäg­lichen Sammelfächer konnten beerdigt, die von alt Regierungsrat Urs Wüthrich angestrebte Erhöhung der maximalen Klassengrössen auf 26 Schüler/-innen pro Klasse abgewendet sowie die Ab­schaffung der Kaufmännischen Vorbereitungsschule (KVS) und der zweijährigen Berufsvorbereitenden Schule (BVS 2) verhindert werden. Der Lehrplan 21 und das Fremdsprachenprojekt Passepartout werden aufgrund des aufgebauten Drucks von Eltern und Lehrpersonen überarbeitet und an die Verhältnisse in unserem Kanton angepasst.
Der erfolgreiche Reformstopp, den Regierungsrätin Monica Gschwind in den vergangenen eineinhalb Jahren mit ihrer wohlüberlegten Strategie der «Konsenssuche» realisieren konnte, ist bemerkenswert: Statt dem Lehrplan 21 haben die Sekundarschulen einen brauchbaren Übergangslehrplan mit einer neuen, leicht angepassten Stundentafel erhalten, was zu einer starken Beruhigung an den Schulen führte. Zurzeit arbeitet die Bildungsdirektion an der Ausarbeitung des neuen Lehrplans Volksschule Baselland, der frühestens ab Mitte 2018 in Kraft gesetzt werden soll und klar definierte Stoff­inhalte und Themen enthält.
Lehrplan 21 ein Risiko
Den entsprechenden Auftrag erhielt die Bildungsdirektorin vom Landrat, der die Motion Stufen­lehrpläne mit transparentem Inhalt von Landrätin Regina Werthmüller zur Umsetzung überwies. Die 3500 abstrakten, kaum umsetzbaren Kompetenzbeschreibungen hingegen verlieren an Bedeutung. Im Gegenzug werden Stoffinhalte und Themen im neuen Lehrplan Volksschule Baselland an Wichtigkeit gewinnen.
Dass den beiden SP-Politikern dieser Reformstopp und die kooperative und gute Zusammenarbeit zwischen der Regierung und der Starken Schule sauer aufstösst, liegt auf der Hand: Die immer klarer werdende Erkenntnis, dass ihre SP-Bildungspolitik der letzten zehn Jahre gescheitert ist, schmerzt heftig. Zu gerne würden die beiden an der Bildungsideologie festhalten, die nach der Harmos-Abstimmung von der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetüftelt wurde und mit dem kompetenzorientierten Lehrplan 21 endete.
Die Mehrheit der Lehrpersonen er­achtet den Lehrplan 21 jedoch als kaum umsetzbar: Er berge für die Schüler/-innen sogar ein erhebliches Risiko und führe zu einem Bildungsabbau – so das Fazit der Pädagoginnen und Pädagogen. Dies muss die SP-Spitze zur Kenntnis nehmen, wenn sie auch in Bildungsfragen wieder ernst genommen werden möchte.
Urs Wüthrich blieb zu lange
Die SP konnte die Bildungslandschaft unter der Führung von alt Regierungsrat Urs Wüthrich während vielen Jahren nach ihrem Gutdünken formen. Mit verhängnisvollen Folgen: Frust und Demotivation breiteten sich bei den Lehrpersonen aus, die Unruhe an den Schulen wuchs und wuchs. Urs Wüthrich geriet beim Lehrpersonal zunehmend ins Abseits.
Das Fass zum Überlaufen brachten dann seine Sparvorschläge kurz vor seinem Abgang, mit denen er den Lehrpersonen scheinbar nochmals so richtig eins auswischen wollte: Mit der vorgeschlagenen Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Fachlehrpersonen, der Streichung der Altersentlastung sowie der Reduktion des Freifachangebotes schürte er den Konflikt erneut und legte der neuen Bildungsdirektorin ein richtig dickes Ei ins Nest.
Die Parteileitung der SP Baselland hingegen hatte es verpasst, Regierungsrat Urs Wüthrich frühzeitig zum Einsehen zu bewegen – ein verhängnisvoller Fehler, der letztlich der SP den berechtigten und wichtigen Regierungsratssitz kostete. Die Bevölkerung hatte schlichtweg genug von diesen unsäglichen Bildungsreformen, die ohne Not die Schullandschaft verändern sollten. Immerhin haben wir unseren Wohlstand der guten Schulbildung unserer Gesellschaft zu verdanken. Das Urteil des Stimmvolkes war voraussehbar und klar: Ein Wechsel an der Spitze der ­Bildungsdirektion musste her.
Zunehmend zeigt sich, wie klug und wertvoll die Einsetzung der sogenannten «Marschhaltgruppe» zu Be­ginn der Amtszeit der neuen Bildungsdirektorin war. Praktisch alle wichti­- gen Bildungsgruppen (Amt für Volksschule, Präsidium der Schulleitungen, Bildungsrat, Amtliche Kantonalkonferenz, Starke Schule Baselland, Lehrerverband, VPOD und so weiter) nahmen unter Leitung der Bildungsdirektion an den Sitzungen teil. Die Lehrpersonen wurden erstmalig wirklich umfassend angehört. Sie konnten in einer breit angelegten Umfrage ihre Bedenken zu den Reformen äussern und diese wurden von der Bildungsdirektorin ernst genommen.
Bei den Lehrpersonen kehrte Ruhe ein – wissend, dass die Reformen überprüft und gestoppt werden.
Alina Isler ist Vorstandsmitglied Starke Schule Baselland und arbeitet seit drei ­Jahren im Sekretariat der Starken Schule.


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