Die
LP21-Versuchsschule für "selbstorganisiertes Lernen" SOL "Eichi"
hat sich ein Logo
zugelegt. Das hat die Gemeindekasse Fr. 100'000 gekostet.
Es wird immer teurer, dümmer zu werden, Schweizerzeit, 3.6. von Ulrich Schlüer
Der Brief richtet sich an alle Eltern. Und diese erhalten die folgende
Information:
«Die Schülerinnen und Schüler haben mit dem Team seit September 2015 an
den Grundsätzen des Lebensraum Eichi gearbeitet. In einem mehrstufigen Prozess
sind in altersdurchmischten Gruppen Produkte zu den demokratisch abgenommenen
Grundsätzen entstanden.»
«Reformschule»
Vielleicht müssen Sie diese Mitteilung zwei- oder dreimal lesen – und
fragen sich, was Ihnen da eigentlich mitgeteilt werden soll. Der Name «Eichi» –
obwohl grammatikalisch falsch präsentiert – verweist immerhin aufs Schulhaus
Ihrer Tochter oder Ihres Sohnes. Was dort anstelle von Schulunterricht
geschieht, bleibt Ihnen allerdings schleierhaft.
Doch allmählich dämmert’s: Wurde vor Monaten nicht mitgeteilt, das
«Eichi» sei jetzt eine «Reformschule»? Da werde Bildungszukunft gestaltet, zu
neuem Schulgeist aufgebrochen. Schon damals fiel Ihnen die geschwollene
Wortwahl zum Projekt auf. Aufgeplusterte Formulierung für schwammigen Inhalt:
Die Absender scheinen darauf zu spekulieren, dass bombastische Wortaufblähung
Fragen zum Geschehen zum Voraus unterbindet. Niemand will schliesslich zugeben,
dass er angesichts der ihm begegnenden geballten Weisheit eigentlich nichts
begreift vom barock angekündigten «Bildungsaufbruch».
Dann aber stutzt der Leser ob des Brief-Absenders: Er lautet «Eduzis
Sekundarschulen».
«Eduzis»: Was soll das nun wieder bedeuten? Schliesslich fragen Sie Ihre
Tochter. Und diese belehrt Sie:
Ihre Schule heisse heute tatsächlich «Eduzis». Das stehe am Eingang und
in jedem Schulzimmer. Und auf allem Papier. Vor allem erscheine dieser Name
ständig auf den Bildschirmen, vor welchen alle Schüler im Unterricht immer
sässen.
«Demokratie-Produkt»
Was aber heisst «Eduzis»? Sie greifen schliesslich zum Handy. Einer der
vier Eduzis-Schulleiter ist erreichbar. Ja, erklärt dieser, die Schulgemeinde
heisse jetzt ganz offiziell «Eduzis».
Und dann erfahren Sie noch, dass Lehrer und Schüler diesen Namen in
gemeinsamer, ausführlicher Diskussion festgelegt hätten. Die Lehrer hätten
gewünscht, dass etwas Schulisches im Namen vorkommen müsse. So habe man das
Anfangs-E vom englischen Wort «education» übernommen. Und die Schüler hätten
bei der Festlegung der Schulordnung demokratisch entschieden, dass im Schulhaus
Eichi das «Du» für alle gelte, für Schüler, Lehrer und Besucher. «Duzis» sei
das Erkennungsmerkmal des Schulgeistes, demokratisch erarbeitet von der
Schülerschaft. So heissen Schule und Schulgemeinde jetzt eben «Eduzis».
Die Gemeinde: Bloss ein Logo?
Die Schulgemeinde auch? Wer hat denn das wieder festgelegt? Kann
jedermann aus jeder ihn gerade bestimmenden Laune seiner Gemeinde einen neuen
Namen verpassen? Auch ein Behörden-Entscheid sei dazu ergangen, belehrt der
Schulleiter den ungläubig fragenden Vater.
Dieser will’s nun genau wissen. Zunächst bestätigt ihm ein Mitglied der
Schulbehörde, die Schulgemeinde heisse tatsächlich seit einiger Zeit «Eduzis».
Eine Nachfrage beim Zürcher Gemeindeamt klärt dann auf: Der Name einer Gemeinde
könne nur auf Beschluss der Gemeindeversammlung verändert werden. Die neue
Eduzis-Gemeinde habe indessen behauptet, sie ändere bloss ihr Logo. Wer daran
hänge, könne weiterhin den alten Namen der Kreisschulgemeinde nutzen. Aber das
neue Logo ziere fortan die Schulhäuser, das Briefpapier, alle Einladungen. Und
vor allem schaffe es Identifikation bei allem elektronischen Verkehr – für den
Schulalltag wie für die Verwaltung. Der alte Gemeindename –
Oberstufenschulgemeinde Niederhasli Niederglatt Hofstetten – sei durch das
neue, von Schülern und Lehrern demokratisch beschlossene Logo einfach in die
Unterwelt verbannt worden. Eduzis habe sich durchgesetzt.
Allotria …
Allotria dominiert. Die finanziellen Folgen dieser Namens-Übung haben
mit Allotria allerdings nichts mehr zu tun.
Und was den Schülern an «Bildungsgewinn» an dieser Allotria-Schule
vermittelt wird, noch viel weniger.
Im Gemeindehaushalt schlagen die Neuerungen gewaltig ein. Der Haushalt
explodiert. Für die 440 in drei Schulhäusern (pardon: Diese heissen jetzt
«Lernhäuser») betreuten Schülerinnen und Schüler wurden vier Schulleiter und 26
Lehrkräfte in Festanstellungen berufen. Weil dieses Kader munterem Ausbau
unterworfen war, verhängte eine Gemeindeversammlung einen Einstellungsstopp.
Die Reformer wussten sich flugs zu helfen: «Lehrpersonen» wurden zwar keine
weiteren mehr berufen. Aber es wurden elf «Assistenten» angestellt. Diese
seien, weil nicht als «Lehrpersonen» betitelt, vom Einstellungsstopp nicht
betroffen, beschieden die Schulleiter den Behörden und der Öffentlichkeit. Der
die Finanzlage berücksichtigende Beschluss der Gemeindeversammlung blieb
nichtssagendes Papier.
… oder Schulstoff?
Die Schule findet in Gruppen – jahrgangsübergreifend natürlich – statt.
Diskussionen über kreative Grundsätze zu «Unsere Schule ist ein Lebensraum»
füllten Palaverstunde um Palaverstunde. Einige Eltern gerieten in Sorge: Der
Schulstoff gerate ins Hintertreffen. Seriöse Vorbereitung auf
Mittelschulprüfungen bleibe auf der Strecke. Die Reklamation fruchtete: Eduzis
organisierte Sonderkurse für angehende Prüflinge. Nicht für zusätzlichen, auf
herausfordernde Prüfungen vorbereitenden Unterricht. Nein, nur der im
«Normalunterricht» zu kurz gekommene Stoff wird nachgeholt. Daran Kritik übende
Eltern wurden abgewimmelt. Sie seien, gab man ihnen zu verstehen,
bedauerlicherweise in der Vor-Eduzis-Zeit stehengeblieben – verständnislos für die
Neuerungen im Bildungswesen zu Eduzis.
Der Haushalt entgleist
In Eduzis-Schulen findet beispielsweise kein Deutsch-Unterricht mehr
statt. Dort lehrt und lernt man «Gesprächs-Kultur». Im Klartext: Die
SMS-Sprache wird Unterrichtssprache. Jede Schülerin und jeder Schüler erhielt –
auf Steuerzahlers Kosten – einen i-Pad. Kostenpunkt: Fr. 231600. Einfach so aus
der Kasse geschüttet. Wer Fragen stellte, wurde allenfalls bemitleidet.
Die Einführung allein des Namens Eduzis schlägt sich mit rund Fr. 100000
im Gemeindehaushalt nieder. Dieser Betrag liege in der Finanzkompetenz der
Behörde. Deshalb sei für die Logo-Einführung kein Beschluss der
Gemeindeversammlung nötig gewesen. So wurden und werden Fragesteller zu Eduzis
abgefertigt.
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenLaut Lachen weils ein Witz ist, oder Weinen weils einfach nur traurig ist? Mir fehlen die Worte...
AntwortenLöschen