Der Schulleiter handelte
und entschied in eigener Kompetenz. Die Schulkommission wusste lange von
nichts: Die Untersuchung zur Abwart-Affäre im Berner Schulhaus Sonnenhof hat
ein grosses Wissens- und Machtgefälle zwischen Schulleiter und Schulkommission
offenbart.
Erwin Sommer: Schulkommission als Bindeglied zwischen Schule und Bevölkerung, Bild: zvg
Grossräte stellen Schulkommissionen infrage, Bund, 27.5. von Bernhard Ott
|
Dabei
müsste die Kommission den Schulleiter eigentlich beaufsichtigen. So hat es
Wochen gedauert, bis der vom Abwart betriebene Raum mit Sex-Utensilien im
Schulhaus geräumt wurde. Bis zum Arealverbot für den Abwart dauerte es drei
Monate.
In
seinem Bericht empfiehlt der Untersuchungsleiter, die Schulleiter in der Stadt
Bern künftig direkt dem Schulamt zu unterstellen. Die Fraktionen im Stadtrat
beurteilen einen derart weitgehenden Schritt zwar skeptisch.
Sie
sprechen sich aber mehrheitlich für eine Verschlankung der Schulorganisation
aus. Ähnliche Stimmen gibt es nun auch aus dem Grossen Rat.
«Grosser
Kompetenzverlust»
«Die
Schulkommissionen haben einen grossen Kompetenzverlust erlitten», sagt
SP-Grossrat Roland Näf, Co-Leiter der Schule Seidenberg in Muri-Gümligen. Sie
seien in einer «schwierigen Situation» und relativ weit weg vom Schulgeschehen.
Seit
der letzten Revision des Volksschulgesetzes vor acht Jahren können die
Schulleiter im Kanton Bern Lehrkräfte selber anstellen. Die Schulkommissionen
sind im Wesentlichen nur noch für finanzielle Belange zuständig.
Näf
kann die Empfehlung im Untersuchungsbericht zur Abwart-Affäre gut
nachvollziehen. «Es wäre sinnvoll, wenn die Schulkommissionen näher bei der
Verwaltung wären.»
In
Muri-Gümligen gibt es eine Schulkommission. Sie habe «wenig Kompetenzen und
wenig Sitzungen», sagt Näf. Die Kommission berate die Schulleitungen im Kontakt
mit der Gemeinde, wenn es etwa um den Ausbau der schulischen IT-Infrastruktur
oder um bauliche Fragen gehe.
«Wir
könnten aber auch ohne Schulkommission auskommen», sagt Näf. Zweifel an der
Rolle der Schulkommissionen gibt es auch auf bürgerlicher Seite. In den
Schulkommissionen sässen meist die Eltern von Schulkindern.
Es
handle sich um «Laiengremien mit Partikularinteressen», die nicht dazu geeignet
seien, professionalisierte Schulleitungen zu beaufsichtigen, sagt
FDP-Bildungspolitikerin Corinne Schmidhauser.
Die
Schulleiter hätten heute mehr Freiheiten zur Wahrnehmung einer zunehmend
unternehmerischen Aufgabe. Daher benötige es auch eine stärkere Aufsicht, wie
sie etwa eine Gemeinde-Exekutive gewährleisten könne.
Schmidhauser
spricht sich aber nicht für eine Abschaffung der Schulkommissionen aus. So
hätten sie durchaus noch eine Funktion als «Sounding Board» der Bevölkerung in
Schulfragen, sagt Schmidhauser.
Kanton will keine
Änderung
Die
Rolle der Schulkommissionen als Bindeglied zwischen Schule und Bevölkerung wird
auch in der Erziehungsdirektion betont. «Wir brauchen starke Schulleitungen,
aber auch starke Schulkommissionen», sagt Erwin Sommer, Leiter des Amtes für
Kindergarten, Volksschule und Beratung. In Gemeinden ohne Schulkommissionen
könnte das Interesse an der Schule zurückgehen.
Natürlich
gebe es immer wieder Fälle, in denen es zu Spannungen zwischen Schulleitern und
der Kommission komme. Dies zeigt jüngst auch der Fall Ipsach. «Im Allgemeinen
funktioniert die Schulorganisation im Kanton Bern aber gut.»
Sommer
warnt davor, aufgrund eines Einzelfalles wie der Abwart-Affäre das ganze System
auf den Kopf zu stellen. «Solche Fälle sind auch bei professionellen
Schulbehörden nicht ausgeschlossen», sagt Sommer.
In Köniz sind Halbprofis
am Werk
Einen
eigenen Weg geht die Gemeinde Köniz. Dort hatte noch vor ein paar Jahren jeder
Schulstandort eine Kommission. Heute gibt es eine einzige Schulkommission für
die ganze Gemeinde. Deren Mitglieder stammten nicht aus dem Bildungsbereich.
Sie
verfügten aber meist über Erfahrung in Personalführung, sagt Bildungsvorsteher
Thomas Brönnimann (GLP). Für die Kommissionsarbeit gebe es eine
Basisentschädigung von 6000 Franken pro Jahr plus Sitzungsgeld.
Dafür
müsse ein Arbeitspensum von zehn bis zwanzig Prozent bewältigt werden. Die
Schulleitungen eines Kreises würden von je zwei Kommissionsmitgliedern
beaufsichtigt. Die Kommission habe einen wichtigen Stellenwert – vergleichbar
mit dem einer Geschäftsprüfungskommission, sagt Brönnimann.
«Ich
möchte die Schule nicht in die Hand einer einzigen Person in einer Exekutive
geben», sagt der Könizer Gemeinderat.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen