Der Kanton Thurgau lässt sich auf ein Kräftemessen mit
Innenminister Alain Berset ein: Er verbannt den Französischunterricht in die
Oberstufe. Am Freitag schickte die Thurgauer Regierung den neuen Lehrplan in die
Vernehmlassung. Gemäss Vernehmlassungsentwurf sollen die Schulkinder
im Ostschweizer Kanton ab Sommer 2018 erst ab Eintritt in die Sekundarstufe
Französisch lernen und nicht wie bis anhin bereits ab der fünften Klasse.
Stattdessen wird künftig Englisch als erste Fremdsprache erlernt.
Streit um Frühfranzösisch geht in die nächste Runde, NZZ, 2.4. von Andrea Kucera
Streit um Frühfranzösisch geht in die nächste Runde, NZZ, 2.4. von Andrea Kucera
Der Kanton Thurgau lässt sich auf ein Kräftemessen mit
Innenminister Alain Berset ein: Er verbannt den Französischunterricht in die
Oberstufe. Am Freitag schickte die Thurgauer Regierung den neuen Lehrplan in
die Vernehmlassung. Gemäss Vernehmlassungsentwurf sollen die Schulkinder im
Ostschweizer Kanton ab Sommer 2018 erst ab Eintritt in die Sekundarstufe
Französisch lernen und nicht wie bis anhin bereits ab der fünften Klasse.
Stattdessen wird künftig Englisch als erste Fremdsprache erlernt.
Alain Bersets Drohfinger
Die
Thurgauer Regierung setzt damit einen Entscheid des Kantonsparlaments aus dem
Sommer 2014 um - à contrecoeur, wie man anmerken muss. Sie hatte damals eine
Motion aus SVP-Kreisen, welche die Abschaffung des Frühfranzösisch verlangte,
zur Ablehnung empfohlen. Der Grosse Rat stellte sich indes hinter die Gegner
des Frühfranzösisch. In der Westschweiz löste dies einen Sturm der Entrüstung
aus.
Problematisch
ist der neue Thurgauer Lehrplan mit Blick auf den Kompromiss der
Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) aus dem Jahr 2004. Die Kantone sind gemäss
Kompromiss angehalten, zwei Fremdsprachen in der Primarschule zu unterrichten.
Weil die Kompetenz für die Erlassung neuer Lehrpläne bei den Kantonen liegt,
gibt es indes bis anhin keine rechtliche Handhabe, gegen einen abweichenden
Kanton vorzugehen. Das würde sich ändern, sollte Innenminister Alain Berset wie
angedroht am Sprachengesetz zu schrauben beginnen. Das «Bundesgesetz über die
Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften» schreibt
im Artikel 15 vor, die Schüler müssten am Ende der obligatorischen Schulzeit
über Kompetenzen in einer zweiten Landessprache sowie in einer weiteren
Fremdsprache verfügen. Wiederholt hat Berset angekündigt, er sei bereit, das
Sprachengesetz dahingehend abzuändern, dass das Erlernen einer zweiten
Landessprache zwingend in der Primarschule beginnen muss. Der Bundesrat kann
von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch machen und in die Bildungshoheit der
Kantone eingreifen, sollten sich die Stände nicht einig werden. In einem Brief
an die Adresse der EDK forderte der Innenminister die Kantone vor kurzem erneut
dazu auf, den Kompromiss aus dem Jahr 2004 zu respektieren.
Rote Linie im Herbst
erreicht
Die
rote Linie ist für Berset überschritten, sobald ein Kanton das Frühfranzösisch
definitiv abschafft. Ist dieser Punkt inzwischen erreicht? «Nein», sagt die
Sprecherin des Eidgenössischen Departements des Innern, Ariane Geiser, auf
Anfrage. Noch sei der neue Thurgauer Lehrplan nicht in Kraft. In der Tat läuft
die Vernehmlassungsfrist bis Ende Juni. Danach wertet die Regierung die
Reaktionen aus und erlässt den Lehrplan voraussichtlich im Herbst. Das
Parlament kommt nicht mehr zu Wort, und auch der Referendumsweg ist
ausgeschlossen.
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