8. März 2016

Bessere Fachausbildung für Seklehrer gefordert

Seit 2009 wird der grösste Teil der Sek-I-Lehrpersonen in der deutschen Schweiz vollständig an Pädagogischen Hochschulen ausgebildet. Dies gilt auch für unsere Region, wo die Pädagogische Fachhochschule Nordwestschweiz (PHFHNW) für den sogenannten «integrierten Studiengang Sek I» zuständig ist. Die Universität Basel spielt in diesem Rahmen eine Nebenrolle: Sie erteilt im Auftrag der PH die Fachausbildung für die Studierenden des Basler Einzugsgebiets.
Fachausbildung von Sek-I-Lehrern auf dem Prüfstand, Basellandschaftliche Zeitung, 8.3. Gastkommentar von André Vanoncini

In den Kantonen Basel-Stadt und Baselland gab es bis 2009 eine als Universitätsstudium konzipierte Fachausbildung der Sek-I-Lehrpersonen. Hier ist mit der neuen Ausbildung eine deutliche Nivellierung nach unten erkennbar. Dasselbe gilt für die Bezirkslehrkräfte in den Kantonen Aargau und Solothurn. Statt wie bis anhin 60 Prozent beträgt der Anteil an Fachausbildung heute nur noch 20 Prozent, was eine Anpassung an die ost- und innerschweizerischen Pädagogischen Hochschulen mit ihren Mehrfächerdiplomen ermöglichte (bis zu fünf Fächer), aber eine Abschwächung der fachlichen Kompetenz von Lehrpersonen mit sich brachte. Nun kann man sich fragen, ob diese Entwicklung negativ zu bewerten ist. Schliesslich sind Lehrkräfte mit vier oder fünf Fächern flexibler einsetzbar als solche mit drei oder nur zwei Fächern. Im Übrigen erhalten sie mehr didaktischen und erziehungswissenschaftlichen Unterricht als früher mit dem Ziel, sie näher an die Schulrealität zu führen.

Die Gruppe für eine bessere Sekundarlehramtsausbildung (GBS), die ich hier vertrete, war von Anfang an skeptisch. Ihre Mitglieder (der Schreibende, Daniel Goepfert, Oswald Inglin, Marc Joset, Martin Schaffner/AG, Michael Weiss, S Kerstin Wenk, Martin Zwimpfer/SO) gehen von der These aus, dass nur fachlich gut gerüstete Lehrpersonen ihren Beruf überzeugend auszuüben vermögen. Dieser These widerspricht zwar niemand, umgesetzt wird sie aber nicht. 20 Prozent Fachanteil in vier Fächern oder noch weniger in fünf Fächern können dem proklamierten Qualitätsanspruch schlicht und einfach nicht gerecht werden. Folge solcher Ausbildungsgänge sind rasch überforderte Lehrpersonen, entsprechend häufige Austritte aus dem Schuldienst und auf dem Altar der vermeintlichen Flexibilität geopferte Schülergenerationen.

Die GBS steht mit dieser Erkenntnis längst nicht mehr alleine da. Die Lehrerschaft, gerade in der Region Basel, hat sich eindrücklich im selben Sinn geäussert. Davon zeugen die von den Baselbieter Lehrpersonen im Jahr 2014 eingereichte Petition sowie auch die offizielle Unterstützung unserer Anliegen durch die Verbände FSS, LVB, VPOD, Bezirkslehrerverband Aargau und Gymlehrerverband Solothurn. Zudem haben sowohl Landrat (2015) als auch Grosser Rat (Februar 2016) die von Marc Joset und Daniel Goepfert eingereichten Vorstösse für eine bessere Fachausbildung der Lehrkräfte auf der Sek-I-Stufe entgegen den Anträgen der Erziehungsdirektionen wiederholt und mit deutlichem Mehr zur Weiterbehandlung eingereicht.

Nun hat sich auch die PHFHNW im Herbst zur angesprochenen Problematik geäussert. Es ist erfreulich, dass sie ebenfalls eine Stärkung der Fachausbildung für notwendig zu halten scheint. So schlägt sie vor, den «integrierten Studiengang» weiterzuentwickeln, indem sie den jeweiligen fachwissenschaftlichen Anteil auf 30 Prozent erhöht, wobei allerdings auch noch ein viertes Fach zusätzlich zu den drei bisherigen studierbar werden soll.

Dass es sich hier um ein schwieriges Vorhaben handelt, bestätigt der Vizedirektor der Pädagogischen Hochschule (PH), Alexander Hoffmann, indem er von einer «Quadratur des Kreises» spricht. Allerdings erklärt er nicht, wie eine Aufstockung der Fachwissenschaft erfolgen soll, ohne dass andere Bereiche wie Fachdidaktik oder Erziehungswissenschaft dafür Anteile hergeben. Der Grund für diese Diskretion liegt vermutlich darin, dass die PH eine solche Verlagerung gar nicht beabsichtigt. Schaut man nämlich auf ihre neusten Organigramme, so begreift man schnell, dass einzig und allein die Kreditpunkte verschoben werden, das Angebot aber dasselbe bleibt. Mit anderen Worten: Den Studierenden wird keine einzige zusätzliche Minute mehr Fachunterricht gewährt. Womit die versprochene Stärkung der Fachwissenschaft zum Facelifting mittels Kreditpunktemagie verkommt.

Um dies zu ändern, braucht es nicht die «Quadratur des Kreises», sondern mehr Mittel für die Fachwissenschaft. Dies bedeutet, dass man bei den anderen Bereichen Abstriche vornehmen muss. Dafür infrage kommen sicher die theorielastige Erziehungswissenschaft und bis zu einem gewissen Grad die überdotierte Fachdidaktik, nicht aber die Berufspraxis, sofern sie, wie von der PH angekündigt, wieder unterrichtsbezogener vermittelt wird.

Die GBS, zusammen mit Vertretern der Schulen, der Universität, der Behörden und der Politik, versucht, dem bestmöglichen Ausbildungsmodell für unsere zukünftigen Sek-I-Lehrpersonen zum Durchbruch zu verhelfen. Dabei möchte sie nicht nur den fachwissenschaftlichen Anteil im Sek-I-Studiengang erhöhen, sondern auch die Berufspraxis wieder in die Hände von erfahrenen Lehrpersonen zurückgeben. Die PH hat sich mit ihren jüngsten Entscheiden in die richtige Richtung bewegt. Dafür verdient sie Anerkennung. Damit sie den eingeschlagenen Weg wirklich weiter geht, braucht es kritische Aufmerksamkeit und konstruktive Zusammenarbeit. Beides bieten wir gerne an.

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