Der Berufsverband der
Baselbieter Lehrer möchte den Status quo bei Klassengrössen, Pflichtstunden und
kreativen Fächern zementieren, indem der Landrat nur noch mit Zweidrittels-Mehr
etwas verändern dürfte. Das ist rechtlich und demokratisch fragwürdig.
Lehrer-Initiative schafft Präjudiz: Baselland droht der Stillstand, Basellandschaftliche Zeitung, 30.3. von Michael Nittnaus
Dass sich der Berufsverband der Baselbieter
Lehrerinnen und Lehrer für die Interessen seiner Klientel einsetzt, ist
verständlich und auch seine explizite Aufgabe. Mit seinen beiden
Volksinitiativen schiesst er aber deutlich übers Ziel hinaus. Die eine, mit der
im Bildungsgesetz festgeschrieben würde, wo im Bildungswesen zuerst gespart
werden soll, beraubt den Kanton seines Handlungsspielraums und zielt einseitig
gegen Reformprojekte, Fachhochschule und Universität.
Verheerend
wäre aber vor allem die zweite Initiative: Würde tatsächlich im Landrat ein
Zweidrittelsmehr für vier spezifische Bildungsbereiche eingeführt, so wäre das
schweizweit ein Novum – und wahrlich kein gutes. Dabei geht es nicht einmal nur
um die Frage, ob ein solches Sachgeschäft-bezogenes Quorum verfassungskonform
ist. Das wird der regierungsrätliche Rechtsdienst klären. Ein Ja zur Initiative
würde aber unsere grundlegendsten demokratischen Prozesse ad absurdum führen.
Die
Gewaltentrennung zwischen Exekutive und Legislative beziehungsweise die
Aufteilung der Kompetenzen zwischen Regierung, Landrat und Bildungsrat würde
aufgeweicht, Letzterer quasi entmachtet. Die Diskussion, wie viele Stunden
Werkunterricht nötig sind, gehört nicht ins Parlament. Der Lehrerverein betont
zwar, dass er mit dem Zweidrittelsmehr gerade einer Verpolitisierung der
Bildungsentscheide entgegenwirken will. Doch seine Absichten sind nur allzu
durchsichtig: Es geht den Lehrern um ein Zementieren des Status quo, einen
exklusiven Schutz vor Veränderung und ein Aushebeln der aktuellen bürgerlichen
Mehrheit im Landrat.
Dabei
gibt es keinen triftigen Grund, weshalb für diese vier definierten Bereiche
exklusiv höhere demokratische Hürden gesetzt werden sollten. So sicher wie das
Amen in der Kirche würden in der Folge weitere Interessenvertreter neue Quoren
für dieses und jenes fordern – und das mit gutem Recht, denn das Präjudiz wäre
geschaffen. Letztlich würde nicht nur der Landrat durch solche Sonderregelungen
gebremst, sondern eine (Weiter-)Entwicklung des Baselbiets verunmöglicht.
Was beinhalten denn diese fürchterlichen Initiativen des LVB? Die erste will mehr Gerechtigkeit über alle Schulstufen verteilen. Während auf Ebene Fachhochschule geklotzt wird, schwirren in den Schulzimmern der Volksschule Mäuse herum.
AntwortenLöschenDie zweite, ganz schlimme, Initiative will verhindern, dass aus Spargründen die Klassenzahlen weiter erhöht werden. Damit dies nicht leichtfertig geschieht, will man eine 2/3 Mehrheit. Zum Vergleich: Im Kanton Zürich gab es Initiativen zur Fixierung der Klassengrösse. BL lässt ja ausdrücklich eine flexible Lösung zu. Wird damit die Entwicklung gebremst? Was ist falsch daran, wenn man verhindern will, dass die Kosten der Volksschule auf die Eltern umgeschichtet werden? In BL werden Eltern in wachsendem Umfang zur Kasse gebeten. Das ist nicht im Sinne der Volksschule.
Die Kommentatoren haben offensichtlich Mühe damit, die beiden Initiativen politisch einzuordnen. Ist das jetzt rechts oder links? Dabei geht es den Initianten wohl nur um die Zukunft der Volksschule. Gerade BL hat Grund, sich darüber Gedanken zu machen.
Seien Sie unvoreingenommen und machen Sie sich ein Bild anhand der konkreten Initiativtexte http://www.lvb.ch/docs/aktuell/Initiativtexte.pdf