Die Walliser SVP möchte mit einer Initiative das Tragen von Kopfbedeckungen an Schulen verbieten. Für Lehrerverbandspräsident Beat Zemp sind juristische Konflikte vorprogrammiert.
"Ein Kopftuch stört im Klassenzimmer überhaupt nicht", SRF News, 23.2. von Andrea Jaggi
SRF News: Was halten Sie vom
geforderten Verbot von Kopfbedeckungen an Schulen?
Beat W. Zemp:
Die SVP macht Gebrauch vom Initiativrecht. Das gehört zu unserer Demokratie und
das Walliser Stimmvolk soll darüber entscheiden. Die Initiative macht Sinn,
wenn sie nicht einfach das Kopftuch diskriminiert, sondern alle Kopfbedeckungen
gleich behandelt. Dennoch bin ich überzeugt, dass es Probleme mit der
bestehenden Gerichtspraxis geben wird.
Weshalb
wird es Probleme geben?
Die bisherige
Gerichtspraxis ist davon ausgegangen, dass muslimischen Schülerinnen das Tragen
des Kopftuchs im Unterricht erlaubt ist, wenn sie sich auf die
Religionsfreiheit berufen. Mit der neuen Initiative im Kanton Wallis wäre das
ganz klar nicht der Fall. Deswegen ist meines Erachtens ein juristischer
Konflikt vorprogrammiert.
Es würden
alle Kopfbedeckungen berücksichtigt. Bei der SVP sagt man aber klar, der
Auslöser sei das Kopftuch muslimischer Mädchen. Stört dieses denn im
Unterricht? Ist ein Verbot aus Lehrersicht sinnvoll?
Nein, ein
Kopftuch stört im Unterricht überhaupt nicht, solange die Schülerinnen auch den
obligatorischen Unterricht insgesamt absolvieren können. Was wir nicht dulden,
sind Dispensationen vom Schwimmunterricht oder von Klassenlagern wegen des
Kopftuchs. Da sind wir hart und wir müssen das durchsetzen, weil es Teil der
obligatorischen Schule ist.
Wie sieht es bei den Lehrkräften aus?
Bei den Lehrkräften ist es anders,
weil sie als Repräsentanten des Staates auftreten. Sie sind
öffentlich-rechtlich angestellt und fungieren als Stellvertreter des
Schweizerischen Staates. Das verträgt sich nicht mit dem Tragen eines
Kopftuchs. Hier sind wir klar der Meinung, dass dies nicht geht.
Die SVP sagt, sie wolle keine
französischen Verhältnisse und es seien politische Gründe, die sie zu dieser
Initiative gebracht habe. Es sei ein Zeichen gegen die Unterwerfung der Frau.
Nehmen Sie das der SVP ab?
Mit solchen
Initiativen, die dann quasi Radikalverbote aussprechen, stösst man die
betroffenen Schülerinnen und Schüler geradezu in private Schulen. Das ist genau das Fälscheste, was man
in dieser Situation machen kann. Wir haben ein Interesse daran, dass alle
Schülerinnen und Schüler in der Volksschule zusammenkommen und die Integration
gelebt wird. Nicht, dass man durch solche Verbote Ausgrenzungen macht.
Auch in
anderen Kantonen haben solche Vorschläge für Gesprächsstoff gesorgt. So will
beispielsweise der Kantonsrat im Thurgau, dass Eltern am Unterricht für Deutsch
als Zweitsprache mitbezahlen müssen. In Egerkingen gibt es ein Verbot, andere
Sprachen als Deutsch auf dem Pausenplatz zu sprechen. Wie muss man diese Dinge
deuten?
Es ist dem
Zeitgeist geschuldet, dass wir versuchen, die Integration der ausländischen
Schüler in die Schule etwas härter anzugehen. Man muss sehr genau aufpassen,
was man hier für Vorschriften erlässt. Wichtig ist, dass man sowohl die Sprache
spricht, als auch dass man ein Verständnis für die andere Kultur entwickeln
kann. Das kann man nicht, wenn man Menschen ausgrenzt. Es ist aber wichtig,
dass wir in der Schule unsere Bestimmungen durchsetzen. Das machen wir auch.
Sobald das Obligatorium des Unterrichts in Frage gestellt wird, sind wir sehr
hart. Wir setzen den Unterricht durch.
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