25. Oktober 2015

Intransparente Zuteilung von Sonderschülern

Ich möchte zuerst einmal anmerken, dass der Anteil Sonderschüler an der Schülerschaft bei weitem nicht so gross ist, wie die Lektüre dieses Artikelsvermuten lässt. Falls man annimmt, dass der 3,7-Prozentanteil an der Schülerschaft im Kanton Zürich allesamt willkürlich auf Regelklassen mit 20 Schülern verteilt würden, so hätten nur rund 36 Prozent, das heisst weniger als die Hälfte der Klassen, einen einzigen Sonderschüler. 
Leserbrief, Sonntagszeitung, 25.10. von Peter Senn


Dass es bei willkürlicher Verteilung gar zwei Sonderschüler auf eine Regelklasse dieser Grösse trifft, hat eine Wahrscheinlichkeit von lediglich 13 Prozent. Wenn es nun Klassen mit einer übermässigen Anzahl Sonderschüler gibt, so ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Zuteilung einer undurchsichtigen Systematik unterliegt, welche betroffenen Regelklassen in unterschiedlichem Mass den Charakter einer Sonderklasse verleiht, was in keiner Weise dem Behindertengleichstellungsgesetz von 2002 entspricht. Das geht gar nicht, dass gewisse Klassen gezielt mit Sonderschülern vollgestopft werden, während andere Klassen allenfalls Einzelfälle zugeteilt bekommen. Das ist ein heimtückischer Verrat an Sonderschülern, die sich (fälschlicherweise!) als voll integriert wahrnehmen. Die Ausbildung von regulären Lehrpersonen wurde an den Pädagogischen Hochschulen angesichts geltender Gesetzgebung im Bereich Sonderpädagogik zwar vertieft, aber diese ist letztendlich eher diagnostischer als therapeutischer Natur. Das Behindertengleichstellungsgesetz besagt, dass die Ausbildung in angepassten Schulungsformen, wann immer möglich, integriert in der Regelschule stattfinden soll. Im Artikel wird von Einzelbetreuung von Kindern mit ADHS und Autismus-Störungen gesprochen. In solchen Fällen muss zwingend die Regel mit «angepassten Schulungsformen» zur Anwendung kommen, das heisst qualifizierte Heilpädagogen müssten sich im Rahmen einer teilintegrierten Schulungsform detailliert darum kümmern. Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass eine Gesellschaft, die jedem Spinner erlaubt, sich mit einem Wingsuit von einer steilen Klippe zu stürzen, Behinderten in der Schule das Recht zugestehen muss, ihre Grenzen auszuloten, wenn sie ganz bescheiden an unserem Alltag teilhaben möchten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen