Die Primarklassen sind zu gross, die Zimmer zu klein, Basler Zeitung, 28.10. von Dina Sambar
Die Primarschule Dornach steckt in einer
Krisensituation. Darin sind sich besorgte Eltern sowie Lehr- und
Förderlehrpersonen einig. Sie alle haben dem Gemeinderat, beziehungsweise der
Schulleitung Briefe geschrieben, die alle grundsätzlich dieselben Probleme
beklagen. Die Klassen sind zu gross, die Räume zu klein oder gar nicht
vorhanden. «Bei einem Unterrichtsbesuch sass mein Sohn mit einem Gehörschutz in
der Klasse, damit er sich überhaupt konzentrieren konnte. Die Klasse ist zu
gross und es hat auch integrierte hyperaktive Kinder, die auf den Tischen
herumturnen», sagt Mutter Sabina Richli. Ihr Sohn habe sich von ihr einen
eigenen Gehörschutz gewünscht, da es in der Klasse nur vier davon gebe und die
immer sofort vergriffen seien.
Auch die Klassenlehrpersonen schreiben, dass sie mit den aktuellen
Schülerzahlen an die Grenzen der Belastbarkeit und Machbarkeit von gutem
Unterricht stossen. Und die Heilpädagoginnen und Koordinatorinnen der
Speziellen Förderung beschreiben eine Entwicklung, welche eine gelingende
Integration von Kindern mit speziellem und sonderpädagogischem Bedarf zusehends
verunmögliche. Die zunehmende Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund stelle
eine weitere Herausforderung dar.
Zusätzliche Klassen gefordert
An der öffentlichen Gemeinderatssitzung am Montagabend kam es
deshalb zu der aussergewöhnlichen Situation, dass das Gemeinderatszimmer
brechend voll war. Sogar die zusätzlich bereitgestellten Stühle reichten für
die erschienenen Eltern und Lehrpersonen nicht aus. Mitdiskutieren durften sie
nicht, doch ihre Sorgen wurden in der Sitzung von der Schulleitung und der
Fachkommission Schule mit Zahlen untermauerten.
Die Klassen sind in Dornach im Durchschnitt zu gross. Besonders
betroffen sind die zwei ersten, zweiten und vierten Klassen, die alle zwischen
25 und 27 Schüler zählen. In all diesen Klassen gibt es mehrere Kinder mit
speziellem Förderbedarf, sei es heilpädagogische Betreuung, Logopädie, Deutsch
als Fremdsprache oder Fremdsprache für Zugezogene. Integriert sind auch zwei
Kinder mit sonderpädagogischen Massnahmen.
In einem Antrag an den Gemeinderat fordert die Schulleitung
deshalb, dass für das kommende Schuljahr zwei zusätzliche Klassen vorgesehen
werden – eine fünfte Klasse und eine gemischte Zweijahrgangsklasse für die
zukünftigen Zweit- und Drittklässler. Auf dem Areal des Schulhauses Brühl
sollen als kurzfristige Lösung für das Raumproblem zwei Container aufgestellt
werden. Sieben zusätzliche flexible Poollektionen für spezielle Förderung
sollen für weitere Entlastung sorgen.
Flächenbrand
Gemeinderat Roland Stadler nannte die Situation der Schule einen
Flächenbrand. Von der Schulleitung wollte er wissen, wie das Ganze derart
ausarten konnte. Laut Rektorin Marie-Thérèse do Norte hat sich die aktuelle Situation
erst bei den Übertritten aus dem Kindergarten abgezeichnet: «Wir hatten einige
Kinder aus Privatschulen. Zudem sind in der letzten Ferienwoche vor Schulbeginn
neun Kinder zugezogen.» Als kurzfristige Lösung habe die Schulleitung beim
Kanton Assistenzlektionen beantragt und diese auch erhalten. Doch diese würden
das Problem auch nicht restlos lösen.
Alain Amhof warf die Frage auf, ob es nicht fast schon eine
Bankrotterklärung der integrativen Schule sei, wenn trotz so viel
bereitgestellter Infrastruktur und finanziellen Mitteln die Qualität des
Unterrichts nicht gewährleistet werden könne.
Trotz diesem Votum schloss sich der Gemeinderat der Meinung der
Eltern, Lehrer und Schulleitung an. Die Anträge wurden, trotz nicht zu
vernachlässigenden Mehrkosten für das Budget, angenommen – fast alle sogar
einstimmig. Sabina Richli ist positiv überrascht von diesem Resultat: «Das
Problem mit den Klassen besteht seit der Abschaffung der Einführungs- und
Kleinklassen. Ich habe fünf Kinder und schon fünf Mal einen solchen Brief
unterschrieben. Bis jetzt gab es nie ein Feedback.» Nun hoffe sie, dass den
Worten auch zeitnah Taten folgen.
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