Sparen ist für die Regierung wichtiger als die Nöte der Lehrer, BZ Basel, 18.6. von Michael Nittnaus
Es
ist ein vernichtendes Fazit, das die Befragung der Schulleitungen der
Baselbieter Sekundarschulen, Gymnasien und Berufsfachschulen zutage förderte:
«Schulklima, Stimmung und Motivation, sich über den eigentlichen Unterricht
hinaus am Schulgeschehen zu beteiligen, haben unter der Erhöhung der
Unterrichtspensen stark gelitten, allgemeine Unzufriedenheit, Frustration und
Ablehnung der schulischen Aufsichtsgremien sind deutlich gestiegen.»
Die
ausführliche Evaluation der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) – die
gestern Mittwoch mit dem Start der Vernehmlassung der Vorlage
publiziert wurde – sollte der Regierung eigentlich als Grundlage dienen, um zu
entscheiden, ob die seit 2013 für drei Jahre befristet eingeführte zusätzliche
Pflichtstunde pro Woche ab 2016 weitergeführt werden kann. Denn immerhin wird
dadurch der Staatshaushalt jährlich um 3,5 Millionen Franken entlastet.
Die
Empfehlung der Regierung überrascht: Obwohl explizit festgehalten wird, dass
die Schulleitungen es «in hohem Masse begrüssen, wenn die Pensenerhöhung
zurückgenommen würde», hält die Regierung daran fest. Die «Schweiz am Sonntag»
nannte dies im April «die letzte Sparmassnahme» des abtretenden
Bildungsdirektors Urs Wüthrich. Doch gegenüber der bz betont dieser: «Ich
persönlich finde das problematisch für die Schulen. Es ist eine ausdrücklich
unsympathische Massnahme.» Wüthrich nennt es denn auch konsequent eine
Entscheidung des gesamten Regierungsrates.
Ein
Argument hat dabei alles andere übertrumpft: «Die Massnahme ist im aktuellen
finanzpolitischen Umfeld Basellands unumgänglich. Die Regierung hat keine
Wahl», so der Bildungsdirektor. Er verweist zudem darauf, dass die Evaluation
nicht vom Regierungs- sondern vom Landrat verlangt wurde. Für den Lehrerverein
Baselland (LVB) ändert das nichts: «Die Evaluation hätte weiss Gott was
hervorbringen können. Es ging der Regierung nie um Argumente, sondern nur ums
Sparen», sagt LVB-Geschäftsführer Michael Weiss. Für ihn ist klar: Schafft die
Vorlage nach der dreimonatigen Vernehmlassung auch die Hürde Landrat, und wird
sie umgesetzt, werden die Lehrer dies nicht ohne weiteres hinnehmen. «Dann
können wir nicht mehr gleich viel leisten.»
Leistungsabbau unausweichlich
Das
weiss auch Wüthrich, selbst wenn er anmerkt, dass die Jahresarbeitszeit der
Lehrer immer gleich geblieben ist, sie also die zusätzliche Unterrichtsstunde
in anderen Bereichen – etwa Schulverwaltung, -entwicklung, Teamarbeit –
kompensieren durften. Auch erhalten Klassenlehrer eine Stunde gutgeschrieben.
Die FHNW-Studie zeigt aber, dass die Reduktion in anderen Bereichen von den
Lehrern sogar als «zusätzliche Beschneidung» empfunden wurden statt als
Entlastung. Wüthrich pflichtet daher Weiss bei: «Wenn wir die Zufriedenheit der
Lehrer verbessern wollen, geht das nur über Leistungsabbau.» Einig sind sich
Lehrervertreter und Regierung deshalb darin, dass der Berufsauftrag bis 2019
neu definiert werden muss. Weiss warnt allerdings bereits vor langwierigen
Konflikten, wen es ums Wie geht.
Gleichzeitig
in die Vernehmlassung geschickt wird die Vorlage, durch die Aufhebung der
altersabhängigen Unterrichtsentlastung ab 2017 jährlich nochmals 3,5 Millionen
Franken zu sparen. 1,1 Millionen davon würden aber den Schulen für deren Entwicklung
zufliessen. Für Weiss ein Unding: «Damit stünde Baselland mit dem Tessin
schweizweit alleine da.» Er vermisst den Respekt gegenüber jenen, die seit
Jahrzehnten für den Kanton arbeiten.
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