Familienmitglieder von schwierigen Schülern müssen nicht mit einer Einbürgerungs-Sperre rechnen, Bild: Keystone
Einbürgerungs-Sperre für Familien von "Balkan-Machos" chancenlos, Aargauer Zeitung, 15.6. von Nadja Rohner
Seit dem
Schuljahr 2010/2011 wurden bis zu 36 Schülerinnen und Schüler im Aargau von der
Schule ausgeschlossen, weil sie verbale oder gar tätliche Gewalt ausgeübt
haben. Mehr als drei Viertel von ihnen waren Knaben oder männliche Jugendliche.
Dies geht aus der Antwort des Regierungsrats auf eine Interpellation von René
Bodmer (SVP, Arni) hervor. Dieser wollte wissen, wie gross die Probleme seien,
die an Aargauer Schulen durch «nicht integrationswillige oder
integrationsfähige Knaben und Jugendliche aus dem Balkan hervorgerufen werden».
Was Bodmer meint: das Phänomen der «Balkan-Machos», die Mitschüler –
insbesondere weibliche – drangsalieren, beschimpfen und teilweise sexuell
belästigen. Die Nationalität der ausgeschlossenen Aargauer Schüler werde in der
Statistik nicht erfasst, so der Regierungsrat. Man könne entgegen einer
Behauptung Bodmers aber nicht beobachten, dass sich auffällige Schüler mit
Migrationshintergrund öfter einer schulpsychologischen Abklärung entziehen
würden als Schweizer Schüler.
Nein zu Einbürgerungssperre
Bodmer wollte
vom Regierungsrat wissen, ob dieser gewillt sei, ausländische Familien von
gewalttätigen Schülern mit einer Einbürgerungssperre zu belegen. Nein, sagt der
Regierungsrat: Dazu gebe es keine rechtliche Grundlage, und eine solche
Einbürgerungssperre «wäre wohl auch nicht bundesrechtskonform». Es sei nicht
zulässig, eine Person einzig aufgrund des Verhaltens anderer Familienmitglieder
von einer Einbürgerung auszuschliessen. Der Regierungsrat hält ausserdem fest,
es sei nicht möglich, Ausländer mit Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung
auszuweisen, bloss weil sie sich nicht integrieren wollen. Dafür bedürfe es
Gründen wie «wiederholte Verstösse gegen die öffentliche Sicherheit und
Ordnung».
Attacken nicht tolerierbar
Der Regierungsrat
«teilt die Ansicht des Interpellanten, dass verbale und handgreifliche Attacken
gegen Schüler nicht zu tolerieren sind». Die Schulen hätten dafür zu sorgen,
dass die Schüler angemessen miteinander umgehen und vor Ausgrenzung und
Aggression geschützt sind. Die Resultate der externen Schulevaluationen durch
die Pädagogische Hochschule liessen darauf schliessen, dass «die Schulen ihre
wichtige Aufgabe zum Schutz ihrer Schüler sehr ernst nehmen».
Allerdings
müsse bei insgesamt 70 000 Schülern an der Aargauer Volksschule davon
ausgegangen werden, dass es auch zu Konfliktsituationen komme, beispielsweise
auf dem Schulweg, wo der Handlungsraum der Schule beschränkt sei.
Schwierige Situation: Hilfe holen
In schwierigen
Situationen könnten sich Lehrer an das Inspektorat oder den
Schulpsychologischen Dienst wenden. Bei Klasseninterventionen oder Massnahmen
auf Schulebene helfe auch die Beratungsstelle der Pädagogischen Hochschule
weiter. Opfer von Übergriffen würden situativ durch Klasseninterventionen oder
Einzelbetreuung durch die Schulsozialarbeit, den Schulpsychologischen Dienst
oder externe Fachpersonen unterstützt.
Bodmer wollte
auch wissen, wie viel Geld die Schulen für Dolmetscher ausgeben, die
fremdsprachige Eltern bei Elternabenden oder Elterngesprächen benötigen. Der
Regierungsrat liess in sechs zufällig ausgewählten Gemeinden nachfragen, welche
Kosten in den letzten fünf Jahren angefallen sind. Die Unterschiede sind gross:
So gab beispielsweise Böttstein (434 Schüler, 65 Prozent davon Ausländer) zwischen
0 und 584 Franken für Dolmetscher aus, Bad Zurzach (254 Schüler, 40 Prozent
Ausländer) zwischen 486 und 1907 Franken, Wettingen (2098 Schüler, 27 Prozent
Ausländer) zwischen 4980 und 6772 Franken und Mägenwil (193 Schüler, 17 Prozent
Ausländer) zwischen 973 und 3203 Franken.
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