Die Lohnanstiegskurve wird ausgeglichen, Bild: Christian Beutler
Thurgau legt bei Lehrerlöhnen nach, St. Galler Tagblatt, 28.12. von Thomas Wunderlin
Thurgauer Lehrer im zehnten Dienstjahr erhalten
nächstes Jahr 5600 Franken mehr als bisher, nämlich neu 95 800 Franken. Damit
gleicht der Thurgau die «Badewanne» in der Lohnanstiegskurve aus, wie sie die
Präsidentin des Lehrerverbands Bildung Thurgau, Anne Varenne, nennt. Der
gesetzlich festgelegte jährliche Lohnzuwachs – ein Privileg der Lehrerschaft
gegenüber der Privatwirtschaft – hatte bisher einen Hänger in der Mitte der
Karriere. Während sich Einstiegs- und Maximallohn auf ähnlicher Höhe wie etwa
im Kanton St. Gallen bewegten, blieben die Löhne der Thurgauer Lehrer im
mittleren Alter deutlich zurück. Damit verdienten sie über ein ganzes
Berufsleben gesehen deutlich weniger als im Nachbarkanton. Nun zieht der
Thurgau nach, auch wenn die Jahreslöhne im mittleren Bereich noch immer 2000
bis 3000 Franken unter St.Galler Niveau liegen, wie der Chef des Thurgauer Amts
für Volksschule, Walter Berger, sagt.
Vom Geldfluss in die Badewanne profitieren auch
Lehrer anderer Altersklassen. Der Einstiegslohn wird um 3000 auf 79 300 Franken
erhöht. Das Lohnmaximum, das nach 28 Dienstjahren erreicht wird, steigt um rund
3700 auf 119 000 Franken. Über einen Zustupf freuen dürfen sich auch
Kindergärtnerinnen (neuer Maximallohn 110 000 Franken) und Sekundarlehrer
(neuer Maximallohn 142 000 Franken).
Lohnzufriedenheit gesunken
Der Kreuzlinger Schulpräsident Jürg Schenkel
kontert mit diesen Zahlen die am 9. Dezember veröffentlichte Umfrage des
Schweizer Lehrerverbands LCH und ist dezidiert der Meinung, dass der
Lehrerberuf nach wie vor ein attraktives Berufsziel sei.
Gemäss 15 000 vom Frauenfelder Sozialforscher
Charles Landert ausgewerteten Online-Fragebogen erreicht die
Gesamtzufriedenheit der Schweizer Lehrer den relativ tiefen Wert von 4,3 auf
einer Skala von 1 bis 6. Unzufrieden sind die Lehrer demnach vor allem mit
ihrem Lohn und der mangelnden Umsetzung von Reformen. Beim Lohn ist die
Zufriedenheit seit der letzten Umfrage 2006 sogar gesunken, nämlich von 4,0 auf
3,6.
«Der Lehrerverband ist auf Klöni-Tour», sagt der
Kreuzlinger Schulpräsident, «so schlecht ist es um Löhne und Arbeitszeit nicht
bestellt.» Zumindest, was den Thurgau betreffe, seien die Lehrerlöhne «recht
gut – auch gemessen an der Gesamtwirtschaft». Sie hielten beispielsweise auch
einem Vergleich mit anderen akademischen Berufen wie Assistenzarzt, Ingenieur
oder Jurist stand. Würden Lehrerinnen und Lehrer in die Privatwirtschaft
wechseln, könnten laut Schenkel bei weitem nicht alle einen höheren Lohn
erzielen. Die Studie des LCH sei in sich widersprüchlich. Da ja 82 Prozent der
Befragten den Beruf wieder wählen würden, könne es um ihre Zufriedenheit nicht
so schlecht bestellt sein.
Schwierig auf Sekundarstufe
Aus der Sicht des Kreuzlinger Schulpräsidenten
stehen auf dem Lehrermarkt Angebot und Nachfrage derzeit im Gleichgewicht, was
Primarschule und Kindergarten betrifft. Auf der Sekundarstufe musste er
allerdings auch einige Stellen mit Bewerbern aus Deutschland und Österreich
besetzen. «Die Thurgauer Löhne sind jetzt ganz sicher konkurrenzfähig», zeigt
sich Walter Berger vom Amt für Volksschule überzeugt. Die Erhöhungen seien
hochverdient, da die Ausbildung verlängert und viele Neuerungen eingeführt
worden seien.
Berger geht von einer hohen Zufriedenheit der
Thurgauer Lehrerschaft aus. Bei den Schulevaluationen liege sie jeweils bei
«deutlich über 90 Prozent». Es komme immer darauf an, womit man vergleiche. In
Zürich seien die Löhne im mittleren Alter zwar um rund 14 000 Franken höher als
im Thurgau, doch auch Wohnungen und Versicherungsprämien seien teurer.
Die kantonale Auswertung der LCH-Umfrage wird erst
Mitte Januar veröffentlicht. Ungewiss ist bis dahin, ob sich die auf Neujahr
anstehenden Lohnerhöhungen bereits in den Umfrageergebnissen der Thurgauer
Lehrkräfte niedergeschlagen haben. Der Thurgauer Grosse Rat hatte sie im
Februar 2014 beschlossen. Die Befragung fand im Mai statt.
15 Jahre gewartet
Wie Anne Varenne, die Präsidentin von Bildung
Thurgau, weiss, haben 49 Prozent ihrer Mitglieder daran teilgenommen. Varenne
geht davon aus, dass die Lohnerhöhungen ihre Auswirkungen hatten. «Wir haben
sie breit kommuniziert.» Sie betont, sie sei sehr zufrieden damit, dass die
«Badewanne» trotz Sparzeiten aufgehoben worden sei. «Wir haben 15 Jahre darauf
gewartet.» Nicht zufrieden sei sie nur mit der Abstufung der Primarschulheilpädagogen;
ausserdem seien die Lehrerinnen für Werken und Gestalten mit Seminarausbildung
nicht den PH-Absolventen gleichgestellt worden, wie es bei den Primarlehrern
der Fall ist.
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