28. Oktober 2014

Volksentscheid bringt Legitimation

Die Zürcher Kantonsrätin Anita Borer (SVP) will einen Volksentscheid zum Lehrplan 21 erzwingen. Ohne diesen Prozess fehle die demokratische Legitimation. 




Borer: "Ein schlanker Lehrplan erreicht die Harmonisierung besser als der Entwurf des Lehrplans 21", Bild: Marcel Bieri


"Das Parteibüchlein spielt in der Lehrplanfrage keine Rolle", Tages Anzeiger, 28.10. von Anja Burri


Sie lancieren eine Volksinitiative gegen den Lehrplan 21. Warum?
Die Bevölkerung muss in einer so wichtigen Frage einfach mitreden können. Wenn wir nichts unternehmen, wird der Lehrplan 21 umgesetzt – gegen den Willen vieler Lehrkräfte und Eltern.
Im Kantonsrat sind Sie mit Ihrer parlamentarischen Initiative für mehr Mitsprache beim Lehrplan gescheitert. Ist Ihr erneuter Anlauf nicht eine Zwängerei?
Überhaupt nicht. Es waren vor allem Gespräche mit Lehrkräften, die mich davon überzeugten, dass ich nun noch einmal etwas tun muss. Dass der Lehrplan 21 im stillen Kämmerlein ausgearbeitet wurde und nun auch im gleichen Stil überarbeitet wird, ist nur ein Kritikpunkt. Die Lehrplan-Kritiker stört noch einiges mehr.
Zum Beispiel?
Die bisher gültigen Lernziele werden in zum Teil völlig unverständliche oder nichtssagende Kompetenzen umgewandelt. Niemand weiss, wie sich dieser Systemwechsel auf unsere Bildung 
auswirkt. Die Finanzen sind eine Blackbox: Niemand kann sagen, was die Einführung des Lehrplans kostet. Zudem ist der Lehrplan 21 in seiner heutigen Form ein untragbarer Eingriff in die Bildungshoheit der Kantone.
Jeder Kanton darf doch selbst entscheiden, ob und wie genau er den Lehrplan umsetzt.
Es braucht dafür aber kein 500-seitiges Werk als Vorgabe. Ein Rahmenlehrplan mit einigen gut verständlichen Bildungszielen pro Schuljahr und Fach hätte genügt. Der Bildungsartikel in der Verfassung verlangt auch gar nicht mehr. Ich bin zudem überzeugt, dass ein schlanker Lehrplan die Harmonisierung der Bildungsziele besser erreichen würde als der Entwurf des Lehrplans 21.
Wie kommen Sie darauf?
Statt für jedes Schuljahr legt der vorliegende Lehrplan 21 
die Kompetenzen für sogenannte dreijährige Zyklen fest. Wenn eine Familie umzieht und den Kanton wechselt, gibt es weiterhin keine Garantie, dass die Kinder ohne grössere Wissenslücken in der neuen Schule Fuss fassen können. Hier haben die Lehrplanmacher die heutige Situation eindeutig verschlimmbessert.
Ist es nicht voreilig, gegen den Lehrplan 21 vorzugehen, bevor die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren den Entwurf überarbeitet haben?
Es geht hier um Grundsätze. Selbst wenn der Lehrplan 21 um 20 Prozent gekürzt wird, ist er noch 400 Seiten lang. Und die Kompetenzen bleiben. Auch an der fehlenden Mitbestimmung wird nichts geändert.
Die Volksinitiative gegen den Lehrplan 21 kommt zu einem günstigen Zeitpunkt. Nächstes Jahr ist Wahljahr – in Zürich zweimal. Ist das Ihr Wahlkampfinstrument?
Das Thema ist jetzt aktuell, das hat mit den Wahlen nichts zu tun. Aber klar: Die Bildung ist wichtig und beschäftigt aufgrund der nicht zielführenden Reformen der letzten Jahre immer mehr Menschen – vor allem Eltern und Lehrer.
Sie wollen der traditionellen Lehrerpartei SP die Wähler abjagen. Die Lehrerverbände waren ja selbst an der Entstehung des Lehrplans 21 beteiligt.
Das Komitee gegen den Lehrplan 21 ist breit abgestützt. Viele sind selbst Lehrer oder Eltern. Wenn sich jemand bei mir meldet, frage ich nicht nach dem Parteibüchlein. Dieses spielt keine Rolle.


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