30. September 2014

Zürcher Lehrerverbände zögern bei Fremdsprachen

Die Präsidenten von ZLV und SekZH zeigen sich alles andere als entschlossen, wenn es um die Primarfremdsprachen geht. Lilo Lätzsch (ZLV) will sich nicht grundsätzlich gegen zwei Fremdsprachen aussprechen, aber: "Mit den heutigen zwei Lektionen pro Woche und mit unseren grossen Klassen ist ein erfolgreicher Französischunterricht illusorisch". Nicht weniger vorsichtig drückt sich Kaspar Vogel (SekZH) aus:"Die Ressourcen in der Primarschule reichen einfach nicht aus". Er schlägt darum Halbklassen in der Primarschule vor! Man bekommt den Eindruck, die beiden Lehrervertreter möchten ihre Basis nicht erzürnen und gleichzeitig das Bildungsdepartement und den LCH nicht vor den Kopf stossen. Irgendwann sollten sie sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen möchten. Oder haben sie dies etwa schon lange getan? (uk)




Die Zürcher Lehrerverbände taktieren in der Fremdsprachenfrage, Bild: Denis Charlet

Lehrer zögern in der Sprachenfrage, Tages Anzeiger, 30.9. von Daniel Schneebeli

 Die Kantone Thurgau und Nidwalden haben entschieden, mit dem Französischunterricht künftig erst in der Sekundarschule zu beginnen. Damit haben sie in der Schweiz für ein politisches Erdbeben gesorgt. Die Romandie sieht den Sprachfrieden und die nationale Einheit in Gefahr, die Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) beklagt einen Verfassungsbruch und Bundesrat Alain Berset (SP) droht Thurgau, Nidwalden und weiteren Kantonen. Er werde notfalls den Frühfranzösischunterricht in der ganzen Deutschschweiz per ­Bundesdekret durchsetzen.
Unterdessen hat sich auch der Schweizerische Lehrerverband geäussert – und die Sache weiter kompliziert. Er steht zwar zum Frühfranzösisch, will aber nur noch eine obligatorische Fremdsprache in der Primarschule, was bedeuten würde, dass Englisch in die Sekundar­schule zurückverschoben würde. Dies wiederum würde dem Sprachen­konzept der Kantone widersprechen, die sich vor 10 Jahren in der EDK darauf geeinigt haben, spätestens ab der ­5. Klasse zwei Fremdsprachen zu unterrichten. Im Kanton Zürich wird heute ab der 2. Klasse Englisch und ab der 5. Klasse Französisch unterrichtet.
«Ressourcen reichen nicht aus»
Und was meint die Zürcher Lehrerschaft zum wieder aufflammenden Sprachenstreit? Lilo Lätzsch, die Präsidentin der grössten Zürcher Lehrerverbandes (ZLV), hält mit radikalen Forderungen (noch) zurück. Sie sei nicht grund­sätzlich gegen eine zweite Fremdsprache in der Primarschule, aber: «Mit den heutigen zwei Lektionen pro Woche und mit unseren grossen Klassen ist ein erfolgreicher Französischunterricht illusorisch.» Für Lätzsch müssen darum die Rahmenbedingungen verbessert werden. Sie fordert mindestens zwei zu­sätzliche Lektionen für die Fremd­sprachen und zwar nicht auf Kosten von anderen Fächern. Es sei darum klar, dass in den Fremdsprachenunterricht in der Primar­schule kräftig investiert ­werden müsse. Andernfalls sei er zu be­schränken.
Ähnlich argumentiert Kaspar Vogel vom Verband SekZH: «Die Ressourcen in der Primarschule reichen einfach nicht aus.» Er schlägt vor, den Französisch­unter­richt in der Primarschule künftig in Halbklassen abzuhalten. Heute recht­fertige der Ertrag den Aufwand im Fremdsprachenunterricht nicht.
Sekundarlehrer Vogel räumt allerdings ein, dass er nicht ganz nutzlos sei: «Ein bisschen besser sind die heutigen Schüler schon.» Zudem seien sie in den Fremdsprachen etwas lockerer als ­früher.
Volksinitiative verworfen
In der Vergangenheit hat die Zürcher Lehrschaft entschlossen gegen den Ausbau des Fremdsprachenunterrichts gekämpft – letztmals 2006 mit der Volks­initiative «Nur eine Fremdsprache in der Primarschule». Doch diese wurde deutlich mit 58 Prozent Nein-Stimmen verworfen. Darum ist die Lehrerschaft mit Forderungen derzeit zurückhaltend. Die Lehrerinnen und Lehrer sind zwar immer noch grossmehrheitlich gegen die zweite Fremdsprache in der Primarschule, wie eine Umfrage unter den Mittel­stufen­lehrern (4. bis 6. Klasse) vor kurzem gezeigt hat. Doch laut Vogel wird mindestens der Verband SekZH vorderhand nicht aktiv. Er hoffe, dass der ­Kanton Zürich bis zur Einführung des Lehrplans 21 im Jahr 2017 die Bedingungen im Fremdsprachenunterricht verbessert habe. Und wenn nicht? «Dann werden wir die Abschaffung einer ­Sprache fordern.»
Neue Umfrage in diesem Herbst
Für Lilo Lätzsch liegt der Ball derzeit bei der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK). Diese trage die Hauptschuld am Schlamassel. Es sei nun dringend ein strengeres Sprachenkonzept nötig. Darin müsse die als erste zu lernende Fremdsprache festgelegt werden. Auch der ZLV wird vorläufig keine neuen politischen Forderungen stellen. Lätzsch will aber Ende Oktober unter den Zürcher Lehrpersonen eine weitere Umfrage durchführen. Darin will sie erfahren, welche Verbesserungen die Lehrerschaft im Fremdsprachenunterricht wünscht.
Im Zürcher Bildungsrat wird derzeit nicht über die Abschaffung des Frühfranzösisch nachgedacht. Im Gegenteil: In den letzten Jahren ist das neue Französischlehrmittel «Dis donc!» geschaffen worden. Seit einem Jahr wird es in fünf Zürcher Schulen erprobt und im Jahr 2018 soll es in allen 5. Klassen eingeführt werden.

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