Grösste Lohndifferenz zwischen Kantonen, Bild: Fotalia
Warum Berner Lehrer lieber in Solothurn arbeiten, Solothurner Zeitung, 23.8.
Lehrer aus dem Kanton Bern dürften sich auch dieses Jahr gut
überlegt haben, wo sie unterrichten wollen. Warum nicht mal über die
Kantonsgrenze schielen? Wer im Kanton Solothurn anheuert, kann im besten Fall
nämlich mehrere Monatslöhne gutmachen. Nirgendwo in der Schweiz ist die
Differenz bei den Einstiegslöhnen grösser als zwischen Bern und Solothurn. So
verdient etwa ein Neulehrer an einer Berner Primarschule nur 73 547
Franken im Jahr – 7100 Franken weniger als sein Kollege im Solothurnischen. Das
zeigt die Lohnerhebung der Erziehungsdirektorenkonferenz aus dem Schuljahr
2013.
Auch
für Berner Gymnasiallehrer würde sich ein Wechsel in den Kanton Solothurn
durchaus lohnen: Hier beträgt der Lohnunterschied nach elf Berufsjahren satte
25 271 Franken; bei Sekundarlehrern liegt die Differenz sogar bei
28 099 Franken. Konkurrenzfähig sind die Berner Löhne einzig auf der Stufe
Kindergarten, obwohl Solothurn hier für Einsteiger die schweizweit höchsten
Löhne bezahlt.
Mittel gegen Lehrermangel?
Solothurner
Lehrer spielen lohnmässig in der obersten Liga, bestätigt Adrian van der Floe.
Der Präsident des kantonalen Schulleiter-Verbandes und Leiter des
Oberstufenzentrums Wasseramt Ost weiss aus eigener Erfahrung: «Die guten Löhne
sind ein Grund, dass Lehrpersonen gerne von Bern nach Solothurn wechseln.»
Allein an seiner Schule stammen neun Lehrer aus dem Kanton Bern, viele davon
wohnen im Oberaargau. Bei den Schulleitern, sagt van der Floe, seien die
Lohnunterschiede noch eklatanter. «In letzter Zeit haben viele Schulen eine
Leitung aus dem Kanton Bern erhalten.»
Die
Schülerzahlen sind im eben angelaufenen Schuljahr weiter angestiegen, und das
soll sich so schnell nicht ändern. Nach Angaben des Bundesamts für Statistik
wird der Bedarf an Lehrpersonen in den nächsten vier Jahren um bis zu 30
Prozent steigen. Pünktlich zum Schuljahresbeginn haben die Schreckensmeldungen
über Lehrermangel wieder aufhorchen lassen.
Manche
Kantone werben mit Methoden der Privatwirtschaft um Lehrer aus anderen
Regionen, versprechen mehr Geld und mehr Sicherheit. Eine Zürcher Schulgemeinde
lockt sogar mit Gratis-Laptops. Die verschärfte Konkurrenzsituation lässt sich
gut an den Kantonsgrenzen beobachten. Zwischen Bern und Solothurn seien die
Folgen des Lohnrückstands besonders auffällig, berichtete die «Neue Zürcher
Zeitung» jüngst unter Berufung auf den Schweizerischen Verband für Schulleiter.
«Diese interkantonalen Differenzen könnten ein Grund sein, dass der Kanton
Solothurn weniger stark vom Lehrermangel betroffen ist», vermutet
Schulleiter-Präsident van der Floe.
Konkurrenz für Solothurner
Wie
hoch die Fluktuation zwischen Bern und Solothurn ist, wird nirgends erfasst.
Die Arbeitsverträge seien Sache der Gemeinden, heisst es im Solothurner
Volksschulamt. Für Amtschef Andreas Walter ist allerdings klar: Der Lohn ist
nur ein Faktor, der die Attraktivität eines Lehrerjobs auszeichnet. «Bei
grösseren Differenzen kann das Salär aber durchaus eine Rolle spielen», ergänzt
er. Im Übrigen sieht sich der Kanton Solothurn auf der Sekundarstufe ebenfalls
nachbarschaftlicher Konkurrenz ausgesetzt. Der Maximallohn der Oberstufenlehrer
in Baselland ist deutlich höher als das Salär ihrer Solothurner Kollegen. «Und
trotzdem», sagt Walter: «Unsere Lehrer übersiedeln nicht massenhaft ins Baselbiet.»
Bern verspricht Besserung
Mit
einem Wechsel in den Kanton Solothurn können Lehrer ihr Einkommen erheblich
steigern, das hat sich längst auch in Berner Amtsstuben herumgesprochen. Zwar
stehe auch dieses Jahr vor jeder Klasse ein Lehrer, sagt Erziehungsdirektor
Bernhard Pulver (Grüne). «Aber gerade im Oberaargau gibt es immer weniger
Bewerbungen für Lehrerstellen.» Dieses Problem sei nicht zuletzt auf die
Konkurrenz im Kanton Solothurn zurückzuführen.
Besserung
verspricht sich Pulver dank einer Gesetzesänderung, die der Grosse Rat im
Herbst 2013 beschlossen hat. Demnach sollen sich Berner Lehrer bald auf eine
stabilere Lohnentwicklung stützen können. Das freut vor allem junge Lehrer, die
bislang gegenüber älteren Kollegen schlechtergestellt sind. Sie sollen künftig
grössere Lohnerhöhungen erhalten als Lehrer mit 18 oder mehr Berufsjahren. In
jedem Fall sei noch ein wenig Geduld gefragt, sagt Erziehungsdirektor Pulver:
«Es wird einige Jahre in Anspruch nehmen, bis der Rückstand aufgeholt ist.»
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