24. Juni 2014

Harmos-Befürworter sammeln sich

Der Baselbieter Erziehungsdirektor Urs Wüthrich liess über den Stand der Arbeiten zur Bildungsharmonisierung informieren und trommelte neben dem Projektleiter auch Vertreter der Gemeinden, der Schulleiter, der Lehrer sowie der Wirtschaftsverbände zusammen. Einig war man sich darüber, dass die Harmos-Ausstiegs-Initiative abzulehnen sei. Punkto Lehrplan 21 gingen die Meinungen auseinander. Nicht dabei war der LVB, der das Harmoskonkordat einen "gigantisch teuren Etikettenschwindel" tituliert.





Mit von der Partie: Ernst Schürch, Präsident der amtlichen Lehrer-Kantonalkonferenz (links) und Projektleiter Alberto Schneebeli (rechts), Bild: Nicole Pont

Am Lehrplan 21 scheiden sich die Geister, Basler Zeitung, 24.6. von Thomas Dähler


Unter den verschiedenen Baselbieter Reformprojekten in der Volksschule ist vor allem eines umstritten: die Einführung des Lehrplans 21. Dies ist das Fazit einer umfassenden Auslegeordnung zur Bildungsharmonisierung, zu der gestern die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) nach Frenkendorf einlud. Gastgeber der Medienveranstaltung war Bildungsdirektor Urs Wüthrich, der in der Aula der Sekundarschule Projektleiter Alberto Schneebeli zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinden, der Schulleiter, der Lehrer sowie der Wirtschaftsverbände auftreten liess.
Einig waren sich die verschiedenen Exponenten in einem Punkt: Die Volks­initiative für den Austritt aus dem Harmos-Konkordat, für die zurzeit Unterschriften gesammelt werden, ist abzulehnen. Kontrovers beurteilt wurde jedoch der Lehrplan 21. Uneinig war man sich bereits beim Einführungstermin. Während Regula Ineichen, Präsidentin der Schulleitungskonferenz Primarstufe, für eine rasche Einführung ab 2015 warb – «ein Übergangslehrplan ist doppelte Arbeit» –, forderte Ernst Schürch im Namen der amtlichen Lehrer-Kantonalkonferenz mehr Zeit. Vor der Einführung müssten zudem der Übergang nach dem Kindergarten geregelt, die Anforderungen für die Sek-Leistungszüge festgelegt und die neue 6. Klasse vorbereitet werden.
Projektleiter Alberto Schneebeli erklärte, der Projektausschuss Bildungsharmonisierung und der Bildungsrat würden diese Woche über die Ein­führung beraten. Er erwarte eine Beschlussfassung «ab November». Bildungsdirektor Wüthrich meinte dazu, der Einführungszeitpunkt sei kein Dogma. Er kündigte wörtlich an: «Wir werden im Bildungsrat entscheiden, wann wir den Entscheid fällen können.» Hintergrund der Kontroverse um den Einführungszeitpunkt ist die Ankündigung der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz, den Lehrplan 21 erst Ende 2014 freizugeben. Die meisten Kantone führen den Lehrplan 21 2017 ein.
Inhaltlich gab Thomas von Felten, Präsident der Schulleitungskonferenz Sekundarschule, ein klares Bekenntnis zugunsten des Lehrplans 21 ab. Der Lehrplan 21 mit Kompetenzorientierung und Minimalstandards setze «die richtigen Impulse für eine moderne, zukunfts­gerichtete Unterrichtsentwicklung». Auch Primarlehrerin Ineichen meinte, der Lehrplan 21 bestärke alle Schulen in ihrem bisherigen Handeln, wenn sie schon heute einen «schüler-, schülerinnen- und handlungszentrierten modernen Unterricht leben». Bildungsdirektor Wüthrich bezeichnete den Lehrplan 21 in seinem Einleitungsvotum als «Orientierungsrahmen».
Kritik am Lehrplan 21 übte Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland. In der bisher vorgelegten Variante sei dieser inakzeptabel. «Die Berufswahl oder die Laufbahnvorbereitung kommen darin nicht vor», sagte Buser. Und den für die Wirtschaft relevanten Fächern werde zu wenig Gewicht beigemessen. Franz Saladin, Direktor der Handelskammer beider Basel, widersprach nicht, blieb aber grundsätzlich: Für die Unternehmen sei die strukturelle und mit dem Lehrplan 21 auch inhaltliche Harmonisierung der Bildungssysteme ein wesentlicher Stand­ortfaktor.
Bildungsrat zuständig
Regierungsrat Wüthrich stellte an der Veranstaltung auch klar, dass er sich keine Einmischung des Parlaments wünscht. Für den Lehrplan 21 sei der Bildungsrat zuständig. Eine Kompetenzübertragung an den Landrat habe das Baselbieter Volk 2011 mit 58 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Im Landrat ist allerdings eine neue Parlamentarische Initiative hängig, mit der mit Blick auf die politische Kontroverse um den Lehrplan 21 ein Landratsentscheid gefordert wird.

Schlechte Noten für die Auslegeordnung zur Bildungsharmonisierung gab es von den in Frenkendorf nicht Anwesenden. In einem Communiqué kritisierte der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB), die Fülle der derzeitigen Umstellungen würden «den Landrat, die Bildungsdirektion, die Kantonsfinanzen, die Gemeinden, die Schulen mit ihren Schulleitungen und Lehrkräften und letzten Endes auch die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern» überfordern. «Wo ist der Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler?», fragte der LVB und nannte das Harmoskonkordat schweizweit einen «gigantisch teuren Etikettenschwindel». Auch das Komitee Starke Schule Baselland, das die Austritts-Initiative lanciert hat, kritisierte gestern die «uneinsichtige Bildungsdirektion», die «jegliche Kritik ignoriert».

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