Aus der Debatte: "Sollten sich Schüler tatsächlich überfordert fühlen, dann müsse man über eine Änderung des Notenreglements nachdenken", Bild: Keystone
In der Primarschule soll weiterhin Englisch unterrichtet werden, Grenchner Tagblatt, 7.5. von Elisabeth Seifert
In regelmässigen
Abständen löst der Fremdsprachenunterricht auf Primarschul-Stufe im Kantonsrat
eine eigentliche Bildungsdebatte aus. Das war auch gestern wieder der Fall.
Entzündet hat sich diese an einem Auftrag von SVP-Kantonsrat Beat Künzli
(Laupersdorf): Der im laufenden Schuljahr eingeführte Englischunterricht ab der
fünften Klasse soll auf den nächstmöglichen Termin wieder gestrichen werden,
lautete seine Forderung.
Eine Fremdsprache
genüge, die SVP gebe den Vorrang mit Französisch dabei der zweiten
Landessprache. Neben seiner eigenen Fraktion stiess Künzli vor allem bei einer
Minderheit der Mittefraktion auf Resonanz. Mit 68 gegen 27 Stimmen sprach sich
eine deutliche Mehrheit denn auch dafür aus, dass alles so bleibt, wie es ist.
In mehreren Kantonen ein
Thema
Beat Künzli weiss sich
mit seinem Vorstoss in guter Gesellschaft. In etlichen Deutschschweizer
Kantonen werde das Zwei-Fremdsprachen-Konzept auf der Primarschule derzeit
infrage gestellt, meinte er.
Selbst der Direktor der
Pädagogischen Hochschule Zürich mache sich für nur noch eine Fremdsprache
stark. «Mit zwei Fremdsprachen sind sowohl fremdsprachige, aber auch viele
Schweizer Kinder überlastet.»
Der
Fremdsprachenunterricht verursache dabei Kosten in Millionenhöhe, die
Ergebnisse aber seien allzu häufig «absolut dilettantisch». Nicht gelten lässt
die SVP das Argument der Regierung, dass sich der Kanton mit dem Beitritt zum
Harmos-Konkordat zu zwei Fremdsprachen verpflichtet hat. Trotz Harmos mache
heute jeder Kanton was er will, sprach Künzli auf die unterschiedliche Abfolge
der Frühfremdsprachen an.
«Auftrag zielt in
falsche Richtung»
Die Sprecher der anderen
Fraktionen gestehen gewisse Schwierigkeiten bei der Umsetzung der zwei
Fremdsprachen. Diese aber jetzt zu stoppen, erachtete etwa Mathias Stricker (Bettlach)
vonseiten der SP als äusserst «fragwürdig».
Der Englischunterricht
sei im Kanton eben erst angelaufen. «Nach dieser kurzen Zeit lässt sich noch
gar nicht sagen, ob die Schülerinnen und Schüler sich dadurch überlastet
fühlen.» Ein runder Tisch mit Fremdsprachenlehrpersonen habe zum kürzlich
bestätigt, dass sich das Erlernen von zwei Fremdsprachen nicht negativ auf die
Schulsprache Deutsch auswirke. Zudem würden Schüler beim Erlernen der zweiten
Fremdsprache von «positiven Transfereffekten» profitieren.
«Mit zwei Fremdsprachen
in der Primarstufe ist der Kanton richtig eingespurt», meinte Felix Wettstein
(Olten) namens der Grünen. Die Lektionentafel sei dadurch nicht überladen
worden. Solothurn habe im interkantonalen Vergleich immer noch wenige Schulstunden
auf der Primarstufe.
«Der Auftrag von Beat
Künzli weist in die falsche Richtung und bringt Unruhe in die
Bildungslandschaft», hielt FDP-Sprecherin Karin Büttler (Laupersdorf) fest.
«Die Einführung der Fremdsprachen braucht aber eine gute Einführung». Das
Erlenen von Fremdsprachen, auch bereits in der Primarschule, eröffne auf dem
Arbeitsmarkt aber gute Chancen.
Neben der SP, den Grünen
und der FDP votierte auch eine Mehrheit der Mittefraktion gegen den Auftrag.
«Ein Stop des Englischunterrichts würde mehr schaden, als nützen», sagte Susan
von Sury (CVP, Solothurn). Sollten sich Schüler tatsächlich überfordert fühlen,
dann müsse man über eine Änderung des Notenreglements nachdenken.
Ein flammendes Votum
gegen eine zweite Fremdsprache in der Primarschule hielt EVP-Kantonsrat René
Steiner (Olten). «Der pädagogische Mehrwert des Frühfremdsprachenunterrichts
ist nicht erwiesen», legte er seine Zweifel offen.
«Ältere Schüler verfügen
über kognitive Strukturen, die ihnen das Erlernen einer Fremdsprache erleichtern.»
Und seine Schlussfolgerung lautete: «Stoppen wir den Tanker besser jetzt, als
weiterhin viel Geld in ein Projekt zu investieren, dessen Nutzen sehr fraglich
ist.»
Ankli: «Reformen
brauchen Zeit»
Bildungsdirektor Remo
Ankli sieht das anders. «Wenn wir das Projekt jetzt stoppen, bedeutet das einen
Vertrauensverlust bei der Bevölkerung.» Gerade auch der Bildungsbereich sei
angewiesen auf Berechenbarkeit und Konsequenz.
Dazu gehöre etwa die
Planungssicherheit für die Gemeinden. Um ein begründetes Urteil zu fällen, sei
es zudem noch zu früh. «Wir verfügen noch nicht über genügend Daten.» Reformen
brauchen Zeit, um sich über deren Erfolg ein verlässliches Bild zu machen, so
der Bildungsdirektor.
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