8. Mai 2014

Solothurner Fremdsprachendebatte

Der Solothurner Kantonsrat lehnte einen Auftrag zur Streichung des Primarenglischen deutlich ab. Damit wollte die SVP die Anzahl der Primarfremdsprachen reduzieren und gleichzeitig der Landessprache Französisch den Vorrang geben. 

Aus der Debatte: "Sollten sich Schüler tatsächlich überfordert fühlen, dann müsse man über eine Änderung des Notenreglements nachdenken", Bild: Keystone

In der Primarschule soll weiterhin Englisch unterrichtet werden, Grenchner Tagblatt, 7.5. von Elisabeth Seifert


In regelmässigen Abständen löst der Fremdsprachenunterricht auf Primarschul-Stufe im Kantonsrat eine eigentliche Bildungsdebatte aus. Das war auch gestern wieder der Fall. Entzündet hat sich diese an einem Auftrag von SVP-Kantonsrat Beat Künzli (Laupersdorf): Der im laufenden Schuljahr eingeführte Englischunterricht ab der fünften Klasse soll auf den nächstmöglichen Termin wieder gestrichen werden, lautete seine Forderung.
Eine Fremdsprache genüge, die SVP gebe den Vorrang mit Französisch dabei der zweiten Landessprache. Neben seiner eigenen Fraktion stiess Künzli vor allem bei einer Minderheit der Mittefraktion auf Resonanz. Mit 68 gegen 27 Stimmen sprach sich eine deutliche Mehrheit denn auch dafür aus, dass alles so bleibt, wie es ist.
In mehreren Kantonen ein Thema
Beat Künzli weiss sich mit seinem Vorstoss in guter Gesellschaft. In etlichen Deutschschweizer Kantonen werde das Zwei-Fremdsprachen-Konzept auf der Primarschule derzeit infrage gestellt, meinte er.
Selbst der Direktor der Pädagogischen Hochschule Zürich mache sich für nur noch eine Fremdsprache stark. «Mit zwei Fremdsprachen sind sowohl fremdsprachige, aber auch viele Schweizer Kinder überlastet.»
Der Fremdsprachenunterricht verursache dabei Kosten in Millionenhöhe, die Ergebnisse aber seien allzu häufig «absolut dilettantisch». Nicht gelten lässt die SVP das Argument der Regierung, dass sich der Kanton mit dem Beitritt zum Harmos-Konkordat zu zwei Fremdsprachen verpflichtet hat. Trotz Harmos mache heute jeder Kanton was er will, sprach Künzli auf die unterschiedliche Abfolge der Frühfremdsprachen an.
«Auftrag zielt in falsche Richtung»
Die Sprecher der anderen Fraktionen gestehen gewisse Schwierigkeiten bei der Umsetzung der zwei Fremdsprachen. Diese aber jetzt zu stoppen, erachtete etwa Mathias Stricker (Bettlach) vonseiten der SP als äusserst «fragwürdig».
Der Englischunterricht sei im Kanton eben erst angelaufen. «Nach dieser kurzen Zeit lässt sich noch gar nicht sagen, ob die Schülerinnen und Schüler sich dadurch überlastet fühlen.» Ein runder Tisch mit Fremdsprachenlehrpersonen habe zum kürzlich bestätigt, dass sich das Erlernen von zwei Fremdsprachen nicht negativ auf die Schulsprache Deutsch auswirke. Zudem würden Schüler beim Erlernen der zweiten Fremdsprache von «positiven Transfereffekten» profitieren.
«Mit zwei Fremdsprachen in der Primarstufe ist der Kanton richtig eingespurt», meinte Felix Wettstein (Olten) namens der Grünen. Die Lektionentafel sei dadurch nicht überladen worden. Solothurn habe im interkantonalen Vergleich immer noch wenige Schulstunden auf der Primarstufe.
«Der Auftrag von Beat Künzli weist in die falsche Richtung und bringt Unruhe in die Bildungslandschaft», hielt FDP-Sprecherin Karin Büttler (Laupersdorf) fest. «Die Einführung der Fremdsprachen braucht aber eine gute Einführung». Das Erlenen von Fremdsprachen, auch bereits in der Primarschule, eröffne auf dem Arbeitsmarkt aber gute Chancen.
Neben der SP, den Grünen und der FDP votierte auch eine Mehrheit der Mittefraktion gegen den Auftrag. «Ein Stop des Englischunterrichts würde mehr schaden, als nützen», sagte Susan von Sury (CVP, Solothurn). Sollten sich Schüler tatsächlich überfordert fühlen, dann müsse man über eine Änderung des Notenreglements nachdenken.
Ein flammendes Votum gegen eine zweite Fremdsprache in der Primarschule hielt EVP-Kantonsrat René Steiner (Olten). «Der pädagogische Mehrwert des Frühfremdsprachenunterrichts ist nicht erwiesen», legte er seine Zweifel offen.
«Ältere Schüler verfügen über kognitive Strukturen, die ihnen das Erlernen einer Fremdsprache erleichtern.» Und seine Schlussfolgerung lautete: «Stoppen wir den Tanker besser jetzt, als weiterhin viel Geld in ein Projekt zu investieren, dessen Nutzen sehr fraglich ist.»
Ankli: «Reformen brauchen Zeit»
Bildungsdirektor Remo Ankli sieht das anders. «Wenn wir das Projekt jetzt stoppen, bedeutet das einen Vertrauensverlust bei der Bevölkerung.» Gerade auch der Bildungsbereich sei angewiesen auf Berechenbarkeit und Konsequenz.
Dazu gehöre etwa die Planungssicherheit für die Gemeinden. Um ein begründetes Urteil zu fällen, sei es zudem noch zu früh. «Wir verfügen noch nicht über genügend Daten.» Reformen brauchen Zeit, um sich über deren Erfolg ein verlässliches Bild zu machen, so der Bildungsdirektor.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen