In einem Interview mit dem
Schweizer Fernsehen fordert der Präsident der Schweizer SchulleiterAustauschprogramme mit der Westschweiz: "Alle Deutschschweizer Schüler
sollten die Möglichkeit haben, während ihrer Schulzeit ein paar Wochen oder
Monate im Welschland zu verbringen und umgekehrt“. Damit soll das drohende
Auseinanderbrechen der Schweiz abgewendet werden. Tönt gut. Auch wenn der
Sprachunterricht nicht prioritär da ist, um unser Land zusammenzuhalten. Auch
wenn unser Land gar nicht so stark vom Zerfall bedroht ist, wie uns dasBundesrat Berset weismachen will. Sprachaufenthalte schaffen Kontakte, Kontakte
schaffen Motivation, Motivation fördert das Sprachenlernen.
Urs Kalberer, 8.4. für den Blog der Südostschweiz
Schauen wir uns den
Vorschlag „Austauschprogramme“ genauer an. Solche Programme existieren seit
Jahrzehnten. Eine Deutschschweizer Klasse besucht eine Partnerklasse im
Welschland oder in der italienischen Schweiz. Neu ist die Idee also nicht, aber
ist sie wenigstens praktikabel? Unbestritten lernen die Kinder in einer
Gastfamilie umgeben von der neuen Sprache viel schneller und mehr als in der
Deutschschweizer Schule. Unbestritten ist aber auch, dass der Kontakt zu
anderen Deutschschweizer Kindern während des Austauschprogramms möglichst klein
gehalten werden sollte. Einzelaufenthalte bringen mehr als der Austausch ganzer
Klassen, wo dann trotzdem Deutsch gesprochen wird. Idealerweise sollte pro
Deutschschweizer Kind ein französisch- oder italienischsprachiges zugeteilt
werden. Doch wo sollen denn die vielen
Deutschschweizer Klassen und Schüler Unterschlupf finden? Rein zahlenmässig
kann es sich hier nur um ein Programm für wenige privilegierte Schüler handeln.
Die Forderung ist also kaum realisierbar. Ausserdem ist unsicher, wie viele
Familien bereit sind, ihr Kind wochen- oder monatelang im fremden Sprachgebiet
zu platzieren.
Und die Welschen? Es ist
bekannt, dass diese lieber nach Deutschland gehen, wo sie „richtiges“ Deutsch
lernen, als sich mit dem scheinbar nutzlosen Schweizerdeutsch abzumühen. Es ist
zu einfach und bequem, den Deutschschweizern allein die Verantwortung für das angebliche
Auseinanderdriften der Landesteile zuzuschieben. Genauso ist es zu kurzsichtig,
den Schüleraustausch als Allerheilmittel für den Sprachunterricht zu
postulieren. Alles in allem ist die nette Austausch-Idee also nicht viel mehr
als ein wenig durchdachter Profilierungsversuch der Schulleiter. Haben die das
wirklich nötig?
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