Die erste publizierte Metaanalyse dieser Art ist Grundlage für dringend notwendige Förderempfehlungen, Bild: Lernstubb Odenwald
Legasthenie: Viele populäre Methoden sind nicht wirksam, Bildungsklick.de, 27.2.
Legasthenie ist mit 5-7
Prozent eine der häufigsten Lernstörungen, an der nicht nur Kinder und
Jugendliche sondern auch Erwachsene leiden. Oft wird die Legasthenie erst spät
erkannt, die Kinder und ihre Familien sind meist auf sich allein gestellt, da
sich niemand für die außerschulische Förderung zuständig fühlt.
"Bis zu 40 Prozent
der Kinder mit einer Legasthenie haben psychische Probleme, oft als Folgen der
Diskriminierung durch Aussagen wie: "Du bist zu dumm und zu faul! Du musst
dich halt nur mehr anstrengen! Für das Gymnasium bist du nicht geeignet!",
sagt Gerd Schulte-Körne, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Eine frühe Förderung und Therapie unter Berücksichtigung der individuellen
Voraussetzungen eines Kindes sind daher dringend notwendig. Diese finden in den
Schulen aufgrund fehlender Ressourcen und mangelnder Ausbildung der Lehrkräfte
nur unzureichend statt. Bei einer ausgeprägten Legasthenie reicht die
schulische Förderung nicht aus.
Es gibt über zwanzig
verschiedene methodische Ansätze, Kinder mit einer Legasthenie zu fördern.
Jedoch wurde bisher nicht untersucht, welche Behandlung wirksam und zu
empfehlen ist. Die Forschungsgruppe um Prof. Schulte-Körne hat alle verfügbaren
Förder-Studien, welche die Wirksamkeit mittels eines
randomisiert-kontrollierten Studiendesign untersucht haben, ausgewertet.
"Nur sehr wenige
Methoden helfen den Kindern, vor allem sehr basale Prozesse der
Laut-Buchstaben-Zuordnung und umgekehrt müssen systematisch geübt werden",
berichtet Katharina Galuschka, die die Metaanalyse durchgeführt hat. Diese
Methode sollte durch das Training der Wortleseflüssigkeit basierend auf einer
Silbendurchgliederung begleitet werden. Eine längere Förderung ist wirksamer
als eine Kurzzeitintervention. Viele populäre Methoden, die an der Veränderung
der Augenbewegungen und Verbesserung des Hörens ansetzen, sind nicht wirksam.
Eine Behandlung mit leistungssteigernden Medikamenten oder die Nutzung farbiger
Brillengläser (Irlen Linsen) konnten die Leseleistungen ebenfalls nicht
steigern.
Diese erste publizierte
Metaanalyse dieser Art ist die Grundlage für die dringend notwendigen
Behandlungs- und Förderempfehlungen. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe
von PlosOne veröffentlicht worden. In Deutschland
wird in Kürze eine S3-Behandlungsleitlinie erscheinen, die von der Münchener
Forschungsgruppe koordiniert wird.
Methoden oder Medikamente, die von einer genetisch bedingten "Legasthenie" ausgehen müssen zwangsläufig scheitern, weil sie die Lernpsychologie und bewährte pädagogische Prozesse wie das Üben nicht einbeziehen. Leider wollen immer wieder Besserwisser das Rad neu erfinden.
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