23. Dezember 2013

Wie Eltern fördern oder demotivieren können

Im Kanton Zürich läuft die Anmeldefrist für die Gymnasien. Viele Eltern fragen sich, wie sie ihr Kind am besten unterstützen können. Eine Studie der PHZH und der Universität Zürich zeigt: Kinder, die mehr an sich glauben und in ihrem Lernen einen Nutzen erkennen, lernen lieber und freuen sich gar auf eine Prüfung.




Eigenständiges Lernen ist gefragt, Bild: Gaetan Bally

So bringen Eltern ihr Kind in höhere Schulen, Tages Anzeiger, 23.12. von Ev Manz


Bereits läuft die Anmeldefrist für die Gymnasien, am 10. März 2014 ist Prüfungstag. Da fragen sich viele Eltern: Wie schaffe ich es, dass mein Kind eines Tages auch dort sitzt und Erfolg hat? Ausgerechnet im Zeitraum des Übertritts, also zwischen dem 11. und dem 13. Lebensjahr, sinkt nämlich bei vielen Kindern die Lernfreude spürbar.
Doch dagegen können Eltern etwas tun. Ihnen kommt in dieser Phase eine entscheidende Rolle zu. Mit ihrem Verhalten können sie das Selbstvertrauen der Kinder stärken und so indirekt auch ihre Leistung beeinflussen. Diese ist nämlich nicht einzig von Intelligenz und Fleiss abhängig, sondern ebenso stark vom Selbstvertrauen.
Kinder, die mehr an sich glauben und in ihrem Lernen einen Nutzen erkennen, lernen lieber und freuen sich gar auf eine Prüfung. Das belegt erstmals eine Studie der Pädagogischen Hochschule Zürich und der Universität Zürich, die sich mit dem Übertritt von der Primar- in die Sekundarstufe befasst hat. Die Forscher haben im Zusammenhang mit dem Übertritt bewusst die Familie ins Zentrum gestellt. Dies wurde im deutschsprachigen Raum bisher kaum untersucht.
Aus Sicht des Co-Studienleiters Alex Buff ist besonders interessant, dass sich ungefragte Hilfe negativ auf die Motivation der Kinder auswirkt. «Das würde man so im Alltag nicht erwarten, weil man Hilfeleistungen grundsätzlich als etwas Positives ansieht.» Stattdessen sollte man Kinder dazu anspornen, eigenständig Probleme zu lösen, und ihnen dafür auch die nötige Zeit geben. Folgende für Eltern nützliche Erkenntnisse gehen aus der Studie hervor:
  • Kindern etwas zutrauen: Je mehr Eltern ihren Kindern zutrauen, desto grösser wird ihr Selbstvertrauen. Selbstsicherere Schüler können sich wiederum besser konzentrieren und haben bei schwierigeren Aufgaben mehr Durchhaltewillen. Sie packen auch Aufgaben an, die leistungsmässig eine Herausforderung sind, und nehmen so mehr Lerngelegenheiten wahr. Das Selbstvertrauen der Kinder sollte positiv, aber dennoch realistisch sein.
  • Eigenständiges Lernen unterstützen: Je autonomer Kinder lernen, desto motivierter sind sie und bringen in der Regel auch bessere Leistungen. Eltern sollen deshalb offen sein für die Anliegen und Meinungen der Kinder und ihnen Wahlmöglichkeiten und Freiräume gewähren. Sie sollen sie ermutigen, eigenständig zu arbeiten, selbstständig nach Lösungen eines Problems zu suchen, und ihnen für das selbstständige Arbeiten auch genügend Zeit geben. Wichtig ist zudem, dass Eltern Fortschritte anerkennen. Suchen die Kinder bei Schwierigkeiten aber Hilfe, sollte man ihnen durchaus zur Seite stehen.
  • Klare Erwartungen haben: Eltern müssen ihren Kindern klar sagen, in welchem Fach sie welches Engagement und welche Ergebnisse erwarten. Diese dienen den Kindern als Richtlinien, an denen sie sich beim Lernen orientieren können. Wichtig ist auch, dass Eltern diese Erwartungen konsequent vertreten.
  • Werte aktiv vermitteln, damit Kinder aus eigenem Antrieb lernen: Kinder lernen motivierter, wenn sie dies aus eigenem Antrieb tun. Entweder sind sie aus persönlichen Gründen angespornt, weil ihnen eine Sache wichtig erscheint oder Spass macht. Eltern haben hier eine wichtige Funktion. Kinder orientieren sich an ihren Eltern: Was ist ihnen wichtig, was wertvoll? Wofür wenden sie Zeit auf, was macht ihnen Spass? Je jünger die Kinder sind, desto mehr sind Eltern Vorbilder für die Kinder.
Was kontraproduktiv wirkt
Bieten Eltern ihrem Kind ungefragt Hilfe an, kann sich das kontraproduktiv auswirken. Das Kind deutet die Hilfe nicht selten als Signal der Eltern, dass sie ihm zu wenig zutrauen. Wenn Eltern ihren Kindern bei Schwierigkeiten fertige Lösungen präsentieren, ist das nicht gut für deren Motivation. Sie sind zwar im Moment selber schneller am Ziel, doch bei der nächsten ähnlichen Schwierigkeit werden sie wieder anstehen.
Für Lilo Lätzsch, Sekundarlehrerin und Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, bestätigen die Ergebnisse der Studie ihre eigenen Erfahrungen: Die Eltern tragen einen grossen Teil zum Lernerfolg ihrer Kinder bei. «Wichtig ist, dass sie ernsthaftes Interesse an der Schule zeigen und daran Anteil nehmen.» Das heisse aber nicht, dass Eltern die Verantwortung für das Lernen ihrer Kinder übernähmen. Doch genau dieser Punkt ist auch für die erfahrene Lehrerin Lätzsch immer wieder eine Herausforderung. «Eltern, die ihr Kind jahrelang von sich aus Französischwörter abgefragt haben, dazu zu bewegen, das nur noch auf Aufforderung des Kindes zu tun, ist nicht einfach.»
Lätzsch arbeitet deshalb mit dem Wochenprogramm, womit die Schüler im eigenständigen Lernen gefördert werden. Unterstützen heisst für Lätzsch aber auch, dass Eltern ihrem Kind bei einem Vortrag zeigen, wie und wo es Material suchen kann. Das Schreiben des Vortrages sei aber klar Sache des Kindes.
Die Ausrede einiger Eltern, sie könnten ihre Kinder nicht mehr unterstützen, weil sie fachlich nicht mehr mithalten könnten, lässt Lilo Lätzsch nicht gelten. «Unterstützen kann auch, wer keine Ahnung von einer Materie hat.»

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