31. Dezember 2013

Mehr Tanz, weniger Schule

Das Konzept der Begabtenförderung in den Bereichen Sport und Musik ist mittlerweile weit verbreitet. Im Thurgau gibt es neu auch eine spezielle Förderung für Tanztalente an der Volksschule. Diese absolvieren ein Programm von zwölf Lektionen pro Woche.




Fünf Schülerinnen profitieren von der neuen Begabtenförderung Tanz, Bild: Severin Schwendener

Hauptaufgabe: Talente erkennen, St. Galler Tagblatt, 30.12. von Severin Schwendener


Seit die Welt kleiner geworden ist, stehen nicht nur heimische Firmen im Wettbewerb mit Konkurrenten aus aller Welt – Gleiches gilt auch für Talente in Sport, Wissenschaft, Kunst. Entsprechend wichtig ist es, diese Talente früh zu erkennen und zu fördern.

Mehr Tanz, weniger Schule

Nachdem bereits seit einiger Zeit an diversen Sportschulen und den drei kantonalen Musikschulen in Arbon, Kreuzlingen und Weinfelden eine Begabtenförderung in den Bereichen Musik und Sport möglich ist, werden seit Sommer an der Musikschule Weinfelden auch Tanztalente nach dem gleichen Prinzip gefördert. Die Idee: mehr Tanz, weniger Lektionen in der Volksschule.
Klingt einfach, bedingt aber einen enormen Koordinationsaufwand für alle Betroffenen, denn neben dem Unterricht in der Musik- oder Sportschule besuchen diese Kinder den regulären Unterricht. «Dieses Modell ist schweizweit einzigartig», sagt Schulleiter Andreas Schweizer, und er betont, dass eine gute Förderung nicht von ungefähr kommt. «Das braucht viel Know-how, das wir uns im Thurgau während vieler Jahre im Sport und in der Musik erarbeitet haben.» Dass die Zusammenarbeit der Disziplinen so gut funktioniert, ist nicht selbstverständlich. «Hier verdanken wir Bernhard Koch viel, er hat dieses Konzept stark gefördert.»

Wer ist talentiert?

Eine der grössten Herausforderungen für die Schulleitung ist neben der optimalen Förderung der Kinder und der Abstimmung mit dem regulären Unterricht, die wirklich guten Talente überhaupt zu erkennen. «Das ist eine enorm schwierige Aufgabe», sagt Schweizer. Denn nicht jeder, der gut tanzt, eignet sich für die Begabtenförderung. «Gerade im Tanz spielen auch körperliche Voraussetzungen eine Rolle; daneben braucht es Disziplin, grosse Einsatzbereitschaft und eine rasche Auffassungsgabe.» Darum nimmt eine Fachkommission die Kandidaten für die Förderung genau unter die Lupe – und weist bisweilen jemanden ab. «Da rütteln wir durchaus an Träumen, das ist uns bewusst», sagt Schweizer und gibt zu, dass es «manchmal auch grössere Diskussionen mit den Eltern gibt». Aber: «Zu viel Förderung ist genauso schlecht wie zu wenig. Wenn ein Kind nicht aus eigener Motivation tanzt, dann bricht die Leistung ein.»
Da sei es besser, den Tanz als Hobby zu erhalten, aber beruflich etwas anderes zu machen. Denn Berufstänzer leben nicht in einer perfekten Welt. Ein realistisches Berufsbild zu vermitteln, gehört für Schweizer deshalb zur Begabtenförderung. Besonders wichtig sei, die Talente zusammenzubringen. «Wenn man plötzlich mit anderen arbeitet, die auch gut sind, kann man gemeinsam Neues entdecken und ausprobieren.»

Zwölf Lektionen pro Woche

Seit diesem Sommer sind fünf Mädchen die ersten in der Begabtenförderung Tanz. «Es war am Anfang recht stressig», erzählen sie, denn mit zwölf Lektionen pro Woche ist das Programm ambitiös. Doch das ist nötig, wie Emmanuel Ramos erklärt, der modernen Tanz unterrichtet. «Die Konkurrenz ist weltweit stark, und diese Förderung bietet eine Chance, täglich zu üben und sich auf die Arbeit zu fokussieren.» Eine Arbeit, die sich auszahlt. Andreas Schweizer: «In der Musik sehen wir bereits, dass sich die Leistungen mit der Begabtenförderung gegenüber früher verbessert haben.»

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