29. September 2013

Kopftuchverbot bald in vielen Kantonen?

In mindestens zehn Deutschschweizer Kantonen soll ein Kopftuchverbot an Schulen gesetzlich verankert werden. In einem Bundesgerichtsurteil wurde diese gesetzliche Grundlage als Bedingung für ein Kopftuchverbot genannt.
In mindestens zehn kantonalen Parlamenten der Deutschschweiz sind Vorstösse bereits erfolgt oder noch geplant. Sie stammen stets aus der Feder von CVP- oder SVP-Kantonsparlamentariern. Federführend in der Offensive sind die Nationalräte Lukas Reimann (svp.) und Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp.).
Die Begründungen der beiden Parteien, das Kopftuchtragen an Schulen zu verbieten, könnten unterschiedlicher kaum sein. «Meine Argumentation folgt Alice Schwarzer: Das Kopftuch ist ein Machtinstrument der Männer über die Frauen», sagt Schneider-Schneiter. Sie hat einen Muster-Vorstoss an alle kantonalen Sektionen der CVP verschickt. Man argumentiere bewusst nicht mit christlichen Werten. «Das ist keine Leitkultur-Debatte», sagt Marianne Binder, Aargauer Grossrätin. Sie hat namens der CVP-Fraktion im Kanton Aargau eine Motion eingereicht. Das Kopftuch verletze den Gleichheitsgedanken zwischen Buben und Mädchen. Und dies erschwere den muslimischen Mädchen die Integration zusätzlich.
Die SVP-Exponenten argumentieren mit der religiösen Symbolik, welche mit dem Kopftuch in Verbindung gebracht werde. «Christliche Symbole wie Jesus am Kreuz werden in der Schule verboten, importierte Symbole hingegen erlaubt», sagt der Solothurner Kantonsrat Silvio Jeker (svp.). Im Solothurnischen sind gleich zwei Vorstösse hängig: Jekers Ratskollegin Sandra Kolly (cvp.) will Kleidervorschriften an Schulen generell ermöglichen. Im Kanton Zürich verfolgt Kantonsparlamentarierin Barbara Steinemann (svp.) das Anliegen. Sie hat bereits 2010 ein Verbot angeregt, mit dem sie scheiterte. Kopftuchträgerinnen seien kein reales Problem an den Schulen, argumentierten die Gegner. «Der Wind hat seither gedreht», versichert Steinemann. Heute sehe man auf Spielplätzen bereits kleine Mädchen mit Kopftuch. «Schulen, die diesbezüglich ein Problem feststellen, sollten ein Verbot erlassen können. Deswegen werde ich nochmals einen Vorstoss lancieren», sagt Steinemann.

Unter den Befürwortern des Kopftuchverbots finden sich viele Lehrer. Etwa der Baselbieter Landrat Paul Wenger (svp.), der an einer Berufsmaturitätsschule unterrichtet. Dass die Schülerinnen, die dort Kopftuch trügen, dies freiwillig tun, stellt er infrage. «Mit einem Verbot könnte man Druck von diesen Frauen nehmen», sagt Wenger.
Quelle: NZZaS, 29.9. von Katharina Bracher

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