Zurück zu den traditionellen Werten! Weg mit der
Kuschelpädagogik! Ruhe und Ordnung im Klassenzimmer!» In der Westschweiz werden
die Leitmotive der SVP im Schulbereich von Oskar Freysinger an höchster Stelle
vertreten. Freysinger übernahm im vergangenen Frühling als am besten gewählter
Walliser Staatsrat die Bildungsdirektion. Der unberechenbare Tribun zeigte sich
anfänglich seiner Verantwortung bewusst. Er gab sich konsensfähig, ja fast
bescheiden und versprach, wie erwartet, Ruhe und Ordnung.
Doch bereits seine ersten Vorschläge sorgten für
Nervosität. Es kam die Aufforderung an die Lehrer, Kinder von Sans-Papiers zu
denunzieren (er krebste später zurück). Dann wollte er weniger Integration in
Schulklassen für behinderte Kinder. Und schliesslich versetzte er den
langjährigen Dienstchef für Bildung aufgrund «unterschiedlicher Auffassungen».
Unterschiedliche Auffassungen? Das dürfte gegenüber Freysinger für die meisten
Walliser Lehrer gelten. Doch wagt es kaum mehr jemand, seine Meinung offen zu
sagen. Der Bildungsdirektor hat damit eines seiner Ziele erreicht: Es herrscht
Ruhe.
Doch wie steht es mit Ordnung? Vor wenigen Tagen
änderte der Staatsrat das Reglement der Pädagogischen Hochschule Wallis. Neu
heisst es, wer dort definitiv durchfalle, könne unter Umständen trotzdem
unterrichten. Was also für alle Kinder gilt - es müssen Prüfungen bestanden
werden, um weiterzukommen - soll für ihre künftigen Lehrer nicht mehr unbedingt
Pflicht sein? Die etablierten Lehrkräfte verstehen die Welt nicht mehr, aber
sie schweigen weiterhin.
Oskar Freysinger hatte auch angekündigt, es brauche
mehr Männer und vor allem Vollzeit arbeitende Männer in den Schulen. Doch siehe
da, jetzt will Freysinger den Lehrern plötzlich erlauben, bis zu fünf Tage im
Jahr unbezahlt freizunehmen, um zum Beispiel - so steht es schwarz auf weiss in
einem von ihm unterzeichneten Brief - «auf die Jagd zu gehen».
Sein gezähmtes Image als Staatsrat hat der Nationalrat und
SVP-Vizepräsident nicht lange pflegen können. Er ballert mit Vorschlägen und
Massnahmen nur so um sich, schiesst auf die Reformen von Harmos, nimmt die
Teilzeitarbeit ins Visier und die Jäger in Schutz. Er mag es eben selbst auch
wild. Fragt sich nur, wie lange es im Wallis noch ruhig bleibt.Quelle: NZZaS, 15.9. von Ron Hochuli
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