Der Entscheid eines Basler Gerichts zum Sexualkundeunterricht löst Reaktionen aus. Mischa Hauswirth findet es einen Entscheid gegen die Eltern.
Der
Staat darf sich weiter intensiv um Sexualkunde kümmern. Das ist das Fazit eines
Entscheids, den das Appellationsgericht Basel-Stadt gestern gefällt hat, als es
die Beschwerde von Eltern abwies, die sich gegen den offensiven
Sexualunterricht ab dem Kindergarten wehrten. Vordergründig stützen die Richter
den progressivsten Sexualkundeunterricht der Schweiz – in Wahrheit wird damit
die staatliche Bevormundung der Eltern und Erziehungsberechtigten ausgedehnt.
Pierre Felder, Leiter Ressort Schulen Basel-Stadt, führt als Begründung an,
dass das neue Modell gut sei, etwa wenn Kinder auf dem Pausenhof ein
Präservativ finden. Dann könnten die Lehrer richtig reagieren und Fragen
beantworten, so Felder.
Erstens:
Kinder tuscheln wohl eher untereinander darüber oder erzählen es daheim und
fragen um Rat, als zum Lehrer zu rennen. Und zweitens: Ich hoffe doch sehr,
dass eine Lehrerin oder ein Lehrer auch ohne Spezial-Aufklärungsprogramm aus
dem Erziehungsdepartement eine altersgerechte und pädagogisch vertretbare
Antwort zu einem Präservativ zu geben weiss.
Vielmehr
erinnert das neue All-inclusive-Sexunterrichtsmodul vom Rheinknie an das, was
ein altgedienter Lehrer mir gegenüber so formulierte: «Wir werden immer mehr zu
ausführenden Robotern degradiert, denen hochgezüchtete Schreibtisch-Pädagogen
vorschreiben, was sie denken und machen sollen.»
Wer
gestern den Argumenten der Sexbox-Befürworter zugehört hat, fragte sich
unweigerlich: Wie habe ich meine eigene Aufklärung in den 70er- und 80er-Jahren
überlebt? Damals war der berühmte Unterschied zwischen Mann und Frau Teil des
Biologieunterrichts. So sehr sich unsere Lehrerin in der fünften Klasse Mühe
gab: Wir kannten den Trick längst, wie die Babys in den Bauch kamen. Der
Austausch von für die menschliche Fortpflanzung nötigen Informationen
funktionierte bestens ausserhalb des Klassenzimmers. Auch der Satz «Geh nie mit
einem Fremden mit und steig in kein Auto» war für uns omnipräsent, ohne dass
das ein einziges Mal in der Schule Thema war. Und dass mein Geschlechtsteil mir
gehört und es niemand anfassen darf, haben wir auch nicht in der Schule
gelernt. Das sind Basics, die von einer Generation zur nächsten weitergereicht
werden. Dazu braucht es verantwortungsbewusste Eltern und keinen Staat. Die
Schule soll im Biologie- oder im Deutschunterricht ruhig über Sex,
Geschlechtskrankheiten, sexuelle Integrität und Respekt reden, aber die
Einstellung, dass Lehrer es besser können als Eltern, ist überheblich und
letztlich familienfeindlich. In Wahrheit wird die staatliche Bevormundung der
Eltern ausgedehnt.
Quelle: Basler Zeitung, 15.8. von Mischa Hauswirth
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