3. Oktober 2012

Braucht es einen Schulpreis?

Der neu geschaffene Schweizer Schulpreis stösst auf massive Kritik. Wer wie Hans-Peter Köhli hinter die Kulissen dieses scheinbar harmlosen Instruments zur Qualitätsförderung blickt, entdeckt die Winkelzüge, um die Schule der demokratischen Kontrolle zu entziehen. Dass dieser Text in keiner Schweizer Zeitung publiziert werden konnte, lässt die Empfindlichkeit der Drahtzieher im Hintergrund erahnen.

Wenn Deutschland etwas schon seit längerem kennt, ist das kein Grund, die Sache auch bei uns einzuführen. Es geht um die Meldung, dass in der Schweiz neu ein alle zwei Jahre auszurichtender „Schulpreis“ lanciert wird. Innovative Schulen mit aussergewöhnlichen Leistungen von der Frühförderung bis zum Berufsbildungssektor sollen Preise erhalten, wobei 225'000 Franken zur Verfügung stehen und der stolze Hauptpreis 80'000 Fr. beträgt.
Allerdings trifft das „neu“ nicht ganz zu; schon in den vergangenen Jahren wurden Preise ausgerichtet, nur unter dem Namen der deutschen „Mercator“-Stiftung aus dem Umfeld von Bertelsmann. Jetzt hat man einfach die Einrichtung umgetauft; „Schweizer Schulpreis“ tönt besser, obwohl trotz einigen weiteren Sponsoren als Hauptförderpartner nach wie vor Mercator fungiert.
Solche Schulpreise erachte ich als völlig fehl am Platz. Es geht doch nicht an, dass irgendeine Stiftung mit irgendeinem Gremium in kleinem, nicht demokratisch vom Volk bestimmten Kreise nach ihrem Gusto beschliesst, was an unserer Volksschule besonders gut sein soll und was nicht. Die Wahl einer preiswürdigen Schule ist genau so unmöglich und kann genau so wenig gerecht und ausgewogen vorgenommen werden wie wenn beispielsweise in einem Schulhaus die beste Lehrerin oder der beste Lehrer gekürt und für seine Superleistung mit barem Geld belohnt werden müsste.
Was meist bei derartigen Vorhaben herauskommt ist das Fördern von Show-Effekten, das heisst, wer sich möglichst gut mit grossem Trara in Szene setzen kann, wird beachtet, gelobt und prämiert, während andere, die tagtäglich mit ebenso viel Leistung und oft in sehr schwierigen Verhältnissen zuverlässig und nachhaltig ihre Arbeit verrichten, viel zu wenig Beachtung finden. Diese Preise, von denen ein paar wenige Leute oder Schulen profitieren, sind eben gerade nicht dazu angebracht, Klima und Effizienz im Schulsektor allgemein zu verbessern, obwohl sich das Unterfangen „Förderprojekt“ nennt. Im Gegenteil, es wird nach der jeweiligen Preisverleihung ein kleines Grüppchen lachender Empfänger geben und daneben eine Unmenge Frustrierter, die sich als die Dummen vorkommen müssen und die durch die Wahl der Superschulen bestimmt nicht zu noch höheren Leistungen angespornt werden. Politiker und Erziehungsdirektorenkonferenz sollten diese unerwünschte Preisverleiherei kurzerhand verbieten. 
Hans-Peter Köhli

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