UK: Ist Ihr Nein zu Hausaufgaben
generell oder müsste man da differenzieren zwischen Primar- und Sekundarstufe?
RL: Ja, kann man. Nur, das Problem
ist ein allgemeines. Hausaufgaben sind uns Erwachsenen als eigene
Schulerfahrung eingebrannt. Sie müssen einfach sein. Bringen sie aber auch
etwas? Ich kenne keine Studie, die dies überzeugend nachgewiesen hätte. Die
Nachteile jedoch sind offensichtlich.
UK: Es gibt Lehrer, die schätzen Hausaufgaben, weil sie individuelles Arbeiten
ermöglichen. Was im Klassenzimmer oft schwierig ist, ist zu Hause
einfacher: Lernen im eigenen Tempo, eigene Lösungen kreieren, Einsatz von
digitalen Hilfsmitteln etc..
RL: Diese Haltung bedeutet: Individuelles Arbeiten ist in der Schule nicht möglich, sowie digitale Hilfsmittel
werden in der Schule nicht gebraucht und die Schüler darin nicht unterrichtet.
Sie stellt den Lehrern, die so argumentieren, ein schlechtes Zeugnis aus. Ich
bin der Ansicht, es ist die Aufgabe der Schule, die Kinder mit den digitalen
Hilfsmitteln vertraut zu machten. Jeder Schüler sollte am Ende der Schulzeit
mit dem 10-Fingersystem und den häufig verwendeten Computerprogrammen vertraut
sein. Die relevante Frage lautet also: Wie kompetent sind diese Lehrer bezüglich
individualisiertem Unterricht und Benutzung der Medien?
UK: Gegen die Hausaufgaben spricht, dass sie dafür sorgen, dass die Kluft
zwischen bildungsnahen und –fernen Kindern wächst. Doch verhindert ein Verbot
von Hausaufgaben wirklich, dass bildungsnahe Eltern ihren Sprösslingen
bessere Chancen auf dem Bildungsmarkt schaffen können?
RL: Hausaufgaben bestehen vor
allem auch darin, dass zuhause für Prüfungen auswendig gelernt wird. Die
Chancenungerechtigkeit entsteht, weil ein Teil der Schüler darin massiv von
ihren Eltern unterstützt wird, ihre Noten daher besser ausfallen, während
mindestens 30 % der Schüler diese Hilfe nicht erhalten und deshalb schlechtere
Noten erhalten. Kommt hinzu: Die Schule betreibt immer häufiger, vor allem in
der Oberstufe, ein eigentliches Outsourcing: Vorträge und Projektarbeiten
werden immer mehr nach Hause delegiert. Wer hilft oder macht sie häufig gleich
selber: die Eltern.Largo: Lehrer müssen lernen, ihren Unterricht zu individualisieren, Bild: Migrosmagazin
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