23. Mai 2012

Weshalb Reallehrer fehlen


Die PH verzeichnen Rekordanmeldezahlen von Neustudenten. Angesichts der steigenden Beliebtheit des Lehrberufs wurde aber auch festgestellt, dass im Bereich der Realschule nach wie vor zu wenige Lehrkräfte vorhanden sind. Hans-Peter Köhli macht sich in einem Leserbrief Gedanken zur Situation. Quelle: NZZ, 23.5.
Der träfste Satz im Bericht «Man wird wieder Lehrer» (NZZ 19. 5. 12) findet sich am Schluss. Die begleitende Formulierung der abgewandelten Redewendung ist allerdings klug gewählt; das, was ausgesagt wird, soll ja eben nicht eintreten: «Lehrer werden ist nicht schwer, Lehrer sein dagegen sehr.» Und doch steckt hier viel Wahrheit drin, denn tatsächlich stellen sich manche junge Leute das Pädagogenleben weit einfacher vor, als es in Wirklichkeit ist. Ob diesmal eine Trendwende punkto Lehrermangel vorliegt und ob die neu bei den Pädagogischen Hochschule angemeldeten Leute weniger Illusionen mitbringen, werden wir dann in einigen Jahren sehen.
Einen klaren Kommentar und gar ein helfendes Rezept kann man aber meines Erachtens zur Frage der mangelnden Reallehrer abgeben. Da haben sich die Schulpolitiker mit einer verfehlten Reform die Suppe selber eingebrockt. Die Realschule etwa in der Stadt Zürich präsentiert sich nun ja als «Sek B», entspricht aber bei weitem nicht mehr ihrem früheren Charakter. Die für leistungsmässig schwache Kinder bisher geführten Schultypen der «Sek C» und der verschiedenen Kleinklassen hat man kurzerhand abgeschafft und neu alles in diesen Sek-B-Klassen integriert, vermutlich, um sich und der Welt zu beweisen, wie ernst man es nimmt mit der Chancengleichheit. Dass ein solches integratives System niemals klappen kann, war aber vorauszusehen. Jetzt sind alle beisammen: lernwillige Kinder, die vielleicht sogar gerne in die «Sek A» wechseln würden, lethargische Schüler, denen alles egal ist, und leider auch notorische Störenfriede, die den andern tagtäglich das Leben sauer machen und bewirken, dass in gewissen B-Klassen von einem erspriesslichen Schulbetrieb keine Rede mehr sein kann. Und da wundert man sich, dass niemand in solchen Klassen unterrichten will?
Es wird unvermeidlich sein, derart heterogene Abteilungen wieder aufzulösen. Eine Lehrperson kann nicht gleichzeitig gute B-Schüler optimal fördern, das Mittelfeld animieren und daneben auch noch die Radaubrüder bändigen. Behandelt man jedoch diese Gruppierungen separat wie früher, lassen sich weit eher Lehrerinnen und Lehrer und sonderpädagogisch Ausgebildete finden, welche nicht abgeneigt sind, anspruchsvolle Aufgaben an der Oberstufe zu übernehmen.

1 Kommentar:

  1. Kleine Ergänzung: Nach meinem Empfinden haben die Reallehrer die neue Ausbildung selbst stark gefordert. Dies um die Forderung nach Lohngleichheit mit den Seklehrern zu legitimieren. Ein weiteres Indiz für die Probleme auf der Realstufe sind die überdurchschnittliche Anzahl von Reallehrern, welche Schulleiter geworden sind.

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