18. September 2011

Reformen und Bürokratie erdrücken die Schule

Ein Leser hat mir den Link zu einem der meistbeachtetsten Texte der letzten Zeit über den Reformwahn an Schweizer Schulen zugestellt. Herzlichen Dank! Obwohl der Text aus dem Jahr 2010 stammt, hat er nichts von seiner Aktualität verloren. Ich zitiere hier eine Textstelle:

"Paradebeispiel für eine von vielen Zauberwörtern begleitete Reform ist die Einführung von Frühenglisch als zweite Fremdsprache. Das schillerndste heisst in diesem Fall Hirnforschung. Wenn «die Hirnforschung» (angeblich) sagt, je früher man eine Fremdsprache lerne, umso besser, dann können ja wohl nur Ignoranten und Hinterwäldler etwas dagegen haben. Man dürfe die Kinder nicht mit «Lernverboten» belegen, hiess eines der Argumente, mit denen man die letzten Kritiker mundtot machte. Wie genau und mit welchen Mitteln das alles funktionieren solle, das fragten nur noch die Praktiker. Hauptsache es wurde möglichst rasch eingeführt, um zu signalisieren, dass auch die Volksschule eine «moderne» Schule ist. Dass viele Lehrkräfte sehr skeptisch waren, buchte die Bildungspolitik und -verwaltung als übliches Gejammer eines notorisch veränderungsunwilligen Berufsstandes ab. Unterdessen ist die frühe Einführung zweier Fremdsprachen durchgedrückt worden, sie kostet Millionen. Die Resultate sind zwiespältig bis ernüchternd, weil man gemerkt hat, dass der Lernerfolg sehr auf die Umstände ankommt, und die passen häufig nicht zusammen. Doch längst steckt zu viel Geld und Prestige in dem Grossprojekt, als dass die Verantwortlichen selbstkritisch über die Bücher gingen." 
Martin Beglinger in: Wie die Schule von Reformwahn und Bildungsbürokratie erdrückt wird. Das Magazin 19/2010

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