2. November 2016

LVB greift Gschwind an

Die Einführung von Harmos im Kanton Baselland treibt auf der Sekundarstufe seltsame Blüten: Damit das gemeinsam mit dem Kanton Basel-Stadt geplante Abschlusszertifikat pünktlich eingeführt werden kann, hat das Amt für Volksschulen der Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) angeblich klammheimlich die Laufbahnverordnung geändert.
Projektarbeit auf den letzten Drücker? Basler Zeitung, 2.11. von Aaron Agnolazza


Die rückwirkend per 1. August in Kraft gesetzte Verordnung sieht vor, dass neu die jetzigen Drittklässler der Sekundarstufe im kommenden Jahr eine Projektarbeit schreiben sollen. Diese Änderung hat gewichtige Auswirkungen: Es wird nun eine Schulwoche als Blockwoche definiert und im letzten Semester werden zwei Deutschlektionen pro Woche gestrichen, damit die Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler bei ihrer Projektarbeit betreuen können.

Doch davon hätten bis vor Kurzem weder Lehrerschaft noch die Schüler etwas gewusst – auch seien weder der Bildungsrat noch der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) orientiert worden, wie Geschäftsführer Michael Weiss der BaZ sagt. «Das Vorgehen reiht sich in eine Serie undurchsichtiger Aktionen ein, welche die Frage aufwerfen, wie wichtig es der BKSD eigentlich ist, geltendes Recht ohne Wenn und Aber zu respektieren.»

Vorwurf des Versteckspiels
Weiss und sein Berufsverband seien bisher davon ausgegangen, dass die Projektarbeit und die für das Abschlusszertifikat zählenden Checks der zweiten und dritten Klasse der Sekundarstufe I erst aufsteigend mit den jetzigen ersten Klassen eingeführt würden. Dem ist nun nicht so, wie aus der Laufbahnverordnung des Kantons hervorgeht. Um diese jedoch zu finden, bedarf es einigen Könnens: Auf der Webseite des Kantons ist noch die ursprünglich in die Vernehmlassung gegebene Version als erste abrufbar. Erst bei weiterer Suche findet sich die neuste und damit gültige Version. Michael Weiss: «Der Versuch, diese Änderung der Regeln im laufenden Spiel möglichst geheim zu halten, ist offensichtlich.»

Von einem Versteckspiel will man dagegen bei der zuständigen BKSD nichts wissen. Wie Sprecherin Deborah Murith auf Anfrage sagt, werden die Gesetzgebungsdokumente von der Landeskanzlei aufgeschaltet: «Wir sehen die korrekte Version.» Auch was die Informationspolitik vonseiten der BKSD angeht, widerspricht Murith dem LVB. «Das Amt für Volksschulen hat die Schulleitungen über die Inkraftsetzung der entsprechend revidierten Laufbahn­verordnung am 13. Juni informiert.» Laut Murith seien anschliessend die Schulleitungen dafür zuständig, die Informationen an ihre Lehrkräfte weiterzutragen.
Weiss widerspricht den Aussagen von BKSD-Sprecherin Murith und sagt: «Obwohl die Verordnung rückwirkend per 1. August in Kraft gesetzt wurde, erfuhren wir erst Mitte Oktober davon.» Und auch dies erst auf Nachfrage durch den LVB beim Amt für Volksschulen des Kantons. Für Weiss hätte die Information deutlich früher erfolgen sollen: «Diese Änderung betrifft rund 3000 Schülerinnen und Schüler. Das, was jetzt passiert ist, macht auf uns den Eindruck einer Hauruckübung.» So sei beispielsweise auch «völlig unklar», wie die geplante Projektarbeit für die Schüler der letzten vierjährigen Sekundarschule ausgestaltet sein wird.

Neben der ungenügenden Kommunikationspolitik durch die BKSD kommt für Weiss aber noch ein weiterer Punkt dazu – nämlich der des reduzierten Deutschunterrichts im letzten halben Jahr. Weiss: «Da es um die Deutschkenntnisse vieler Schülerinnen und Schüler, insbesondere auch fremdsprachiger, nicht immer zum Besten bestellt ist, erachten wir es als nicht zielführend, zwei Deutschlektionen pro Woche einfach ersatzlos zu streichen.» Ausserdem würden laut Weiss so diverse Lehrkräfte, die das Fach Deutsch unterrichten, allenfalls nicht mehr auf ihre Pensen kommen, sollte die Projektarbeit wie geplant dem Deutschunterricht vorgezogen werden.

Vier Jahre alter Entscheid
Deborah Murith von der BKSD erklärt sich und das Amt für Volksschulen dagegen nicht für zuständig und verweist auf den Bildungsrat. «Dieser ist eigens zuständig für den Erlass der Stundentafeln und Lehrpläne und hat diesen gesetzlichen Auftrag auch erfüllt.» Diesem sei der Bildungsrat zudem bereits vor vier Jahren, nämlich am 13. Juni 2012 nachgekommen. Deborah Murith: «Vertreten im Bildungsrat sind übrigens die Lehrerschaft mit drei Stimmen aus der amtlichen Kantonalkonferenz sowie zwei Vertretungen der Personalverbände, davon eine aus dem LVB.»

Damit steht Aussage gegen Aussage zwischen LVB und BKSD.


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