Schule und Eltern – dieses Verhältnis ist
komplizierter geworden. Eltern setzen vermehrt Druck auf, stellen Forderungen
oder schalten Medien ein. Der Lehrerverband hat nun einen neuen Leitfadenverfasst.
Früher
hätten Eltern Erziehungsmassnahmen von Lehrpersonen und Entscheide der Schule
«mehr oder weniger vorbehaltlos unterstützt», schreibt Beat W. Zemp im Vorwort
zum Leitfaden. Der Präsident des Lehrerdachverbands LCH beobachtet, dass die
heutige Elternarbeit «deutlich anspruchsvoller und differenzierter» geworden
sei. Dazu gehörten auch belastende und lange andauernde Konflikte. Der neue
Leitfaden mit dem Titel «Schule und Eltern: Gestaltung der Zusammenarbeit»
ersetzt ein altes Papier von 2004. Der Sonntagsblick hat das
52-seitige Dokument vom August in seiner aktuellen Ausgabe thematisiert.
Wie geht man mit Eltern um? Basler Zeitung, 9.10.
In
dem neuen Papier ist etwa von Eltern die Rede, die intervenieren, weil sie die
Hausaufgaben ihrer Tochter für nicht sinnvoll halten. Oder von Mutter und
Vater, die die Lehrerin dafür verantwortlich machen, dass der Sohn das Niveau
für das Gymnasium nicht erreicht. Andere Eltern haben sich gegen eine
Klassenwiederholung oder gegen angeblich fehlende Disziplin in der Klasse
gewehrt.
Hausaufgaben
abschaffen
Ebenfalls
beschrieben wird der Fall eines Elternrats, der von der Schulleitung forderte,
die Hausaufgaben abzuschaffen – diese würden zuhause zu Konflikten führen. Auch
Anwälte und Medien werden offenbar immer wieder eingeschaltet – in einem Fall
gelangten Eltern an die Medien, weil sie den Lehrer für zu streng hielten und
die Schulleitung nichts unternahm. In einem anderen Fall fotografierten die
Eltern die Strafaufgaben ihrer Kinder und stellten sie auf Facebook.
Besonders
anspruchsvoll sind für Lehrpersonen jene Eltern, die selbst als Lehrer
arbeiten. Der LCH berichtet von einem Primarlehrer, der mit einem Lehrmittel
seiner Tochter nicht einverstanden ist und von der Lehrerin fordert, ein
anderes zu verwenden.
Der
LCH hält dazu fest: «Eltern mit einer pädagogischen oder psychologischen
Ausbildung sind in Bezug auf das eigene Kind in erster Linie Eltern.» Ihnen
stünden die gleichen Rechte und Pflichten zu wie anderen Eltern auch. Den
betroffenen Lehrpersonen wird geraten, ein offenes Ohr für Kritik aus
Expertensicht zu haben und Bereitschaft zur gemeinsamen Reflexion zu zeigen.
Bussen
für Eltern
Zu
den Eltern, die sich wegen des angeblich zu strengen Lehrers an die Medien
wandten, schreibt der LCH: «Eltern haben kein Weisungsrecht gegenüber
Lehrpersonen. Sie sind als Steuerzahler nicht in der Funktion eines Arbeitgebers
und üben somit auch keine personalrechtliche Aufsicht aus.» Diese liege
ausschliesslich bei der jeweiligen Schulbehörde, beziehungsweise bei der
Schulleitung.
Lehrkräfte
können sich Hilfe holen bei der Schulleitung. Diese kann beispielsweise an
schwierigen Elterngesprächen anwesend sein oder Eltern anweisen, Kontakte nur
schriftlich über die Schulleitung aufzunehmen und nicht direkt an die
Lehrperson zu gelangen.
Sorgen
bereiten den Lehrern nicht nur überkritische Väter und Mütter, sondern auch
Eltern, die ihren Pflichten nicht nachkommen. Sie können neuerdings gebüsst
werden, was laut LCH «erfreulicherweise sehr selten» vorkommt. Klar in der
Mehrheit seien Eltern, die sich gegenüber Schule und Lehrpersonen
konstruktiv-kritisch verhalten.
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