26. September 2017

Bündner Kindergärtnerinnen klagen

Bünd­ner Kin­der­gar­ten­lehr­per­so­nen ver­die­nen im Deutsch­schwei­zer Ver­gleich un­ter­durch­schnitt­lich we­nig. Da­mit soll bald Schluss sein.
Leh­rer­ver­band klagt gegen Diskriminierung, Südostschweiz, 26.9. von Gian Andrea Accola



Berufseinsteiger in Bündner Kindergärten verdienen laut der Lohnstatistik 2017 der Eidgenössischen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) mindestens 60 000 Franken pro Jahr. Für den Verband der Bündner Lehrpersonen (Legr) ist das aber deutlich zu wenig. Deshalb hat der Verband vergangene Woche beim Bündner Verwaltungsgericht Klage wegen Diskriminierung eingereicht.

Es gehe nicht an, dass die Löhne in diesem typischen Frauenberuf deutlich tiefer ausfielen als in Männerberufen mit vergleichbarer Ausbildung, Belastung und Verantwortung, schreibt der Legr in einer Mitteilung. Der Verband geht deshalb davon aus, dass das schweizerische Gleichstellungsgesetz verletzt wird. Deshalb sah man sich dazu gezwungen, beim Verwaltungsgericht gegen diesen Missstand zu klagen.

Löhne im ganzen Kanton im Visier
Exemplarisch richtet sich die Klage gegen drei Bündner Gemeinden. Eine davon ist Felsberg, wie die «Südostschweiz» weiss. Die Klage zielt aber nicht per se gegen diese Gemeinden, sondern auf die Kindergartenlöhne im ganzen Kanton. Die beklagten Gemeinden gelten als vorbildliche Arbeitgeber, wie es in der Mitteilung ausdrücklich heisst. Das Verwaltungsgericht hat nun zu prüfen, ob die drei beklagten Gemeinden glaubhaft darlegen können, das Gleichstellungsgesetz mit ihrer Lohnpolitik nicht zu verletzen.
Wie gut aber stehen die Chancen auf Erfolg, Sandra Locher Benguerel? Die Präsidentin des Legr ist guter Dinge. «Wegen des Erfolgs ähnlicher Klagen in anderen Kantonen bin ich zuversichtlich.» Wer bis anhin gegen Gleichstellungsverletzungen klagte, habe vom Gericht auch recht bekommen.

Jüngst hatte diesbezüglich der Kanton Aargau Schlagzeilen gemacht. In einem Urteil aus dem Jahr 2014 hielt das Aargauer Verwaltungsgericht fest, dass die «Löhne der Kindergartenlehrpersonen von diskriminierenden Elementen geprägt» seien. Dieser Umstand müsse korrigiert werden. Mittlerweile würden die Löhne schrittweise angehoben, heisst es in der Mitteilung des Legr. Auch in Zürich und Basel-Stadt hatten Klagen Erfolg.

Erfolg ist nicht planbar
Locher Benguerel hofft, dass sich die Bündner Rechtssprechung an jener in anderen Kantonen orientieren wird. «Diese Erfolge waren einer der motivierenden Gründe, auch in Graubünden rechtlich gegen den Lohnmissstand in Kindergärten vorzugehen.» Planbar sei der Erfolg aber nicht. Immerhin habe man im Kanton Graubünden leicht andere Voraussetzungen als anderswo. «Die Autonomie der Gemeinden ist hier um einiges höher.»
Sollte die Klage abgewiesen werden, bliebe dem Legr nur der politische Weg. Je länger, dass nichts geschehe, desto grösser werde der Handlungsbedarf, betont Locher Benguerel. Nur so viel sei zum jetzigen Zeitpunkt schon klar: «Das Thema wäre bei abgewiesener Klage sicher noch nicht vom Tisch.»


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