Die Vernehmlassung zur neuen Stundentafel für
die Baselbieter Sekundarschulen war eine Farce: Trotz einer mehrheitlich
negativen Aufnahme des Vorschlags hat der Bildungsrat die in die Vernehmlassung
geschickte Stundentafel unverändert in Kraft gesetzt. Verlierer sind die
naturwissenschaftlichen Fächer und die Geschichte: Diese werden neu wöchentlich
als Einstunden-Fächer oder während eineinhalb Lektionen unterrichtet. Damit
setzt sich das Expertengremium darüber hinweg, dass die Lehrkräfte für die Einstundenfächer
kaum ergiebige Lernfortschritte voraussagen.
Kein Musikgehör für die Naturwissenschaften, Basler Zeitung, 31.5. von Thomas Dähler
Der
Entscheid des Bildungsrats steht quer in der Landschaft, wurde doch in jüngster
Zeit mehrfach auf den Fachkräftemangel in der Schweiz hingewiesen und eine
Förderung der Naturwissenschaften und der ICT gefordert. Auch Rektoren der
Baselbieter Gymnasien hatten am Entwurf kritisiert, dass sie davon ausgehen,
dass die Qualität der Leistungen der Schülerinnen und Schüler in den
Naturwissenschaften mit der neuen Stundentafel leiden wird. Eben erst hat die
Baselbieter Regierung festgehalten, dass sich in den Gymnasien bei der Wahl der
Schwerpunktfächer ein Trend hin zu den Naturwissenschaften abzeichnet.
Neu
werden nun an den Sekundarschulen ab 2018 Biologie, Chemie und Physik mit nur
einer Lektion pro Woche unterrichtet, Geografie und Geschichte mit eineinhalb
Lektionen. Alle Fächer werden während der ganzen drei Sekundarschuljahre so
geführt. Auf der Gewinnerseite stehen dafür Deutsch, Textiles Gestalten, Werken
und Hauswirtschaft. Hauswirtschaft erhält gar in der zweiten und dritten Sek
einen doppelt bis dreifach höheren Stellenwert als Biologie, Chemie oder
Physik. Insgesamt steigt das Pensum der Schülerinnen und Schüler um eine
einzige Stunde: um die neue Stunde Ethik/Religion/Gemeinschaft. Das Lektionendeputat
für die Lehrkräfte steigt um zwei Wochenlektionen.
Die
«beste Lösung»
Begründet
wird die Gewichtsverschiebung vom Bildungsrat dürftig. Der Bildungsrat habe
«die eingebrachten Anliegen und Vorschläge eingehend überprüft», heisst es in
der schriftlichen Stellungnahme. Eine Stundentafel könne in Anbetracht des
beschränkten Zeitbudgets die berechtigten Bildungsanliegen nicht aufnehmen und
sei immer ein Kompromiss. «Er hat die Fassung, wie er sie in die Anhörung
gegeben hat, als beste Lösung gewertet», schreibt der Bildungsrat. Die vom Volk
beschlossene Änderung des Bildungsgesetzes sei umgesetzt.
Damit
verweist der Bildungsrat auf das Abstimmungsergebnis vom 5. Juni 2016.
Damals hatten die Baselbieter Stimmberechtigten die vom Bildungsrat bekämpfte
Initiative zugunsten einer Weiterführung des separaten Unterrichts und der
separaten Benotung der naturwissenschaftlichen Fächer und der Geschichte
angenommen. Formell wird der neue Gesetzesparagraf mit der beschlossenen
wöchentlichen Einlektionen-Dotation erfüllt.
Augenfällig
wird mit der neuen Stundentafel auch die Gleichschaltung der drei
Sekundarschulniveaus A, E und P. In der Vernehmlassung war diese
Gleichschaltung als «Hypothek» kritisiert worden. Insbesondere für die
P-Klassen, die sich auf den Übertritt aufs Gymnasium vorbereiten, dürfte sich
die Gleichschaltung der Niveaus als nachteilig erweisen.
Damit
hebt sich der Kanton Baselland in der Nordwestschweiz von den Nachbarkantonen
Solothurn und Aargau ab. Weshalb der Bildungsrat keinen Blick über die
Kantonsgrenzen geworfen hat, führt er in seiner gestern veröffentlichten
Mitteilung nicht auf. Dafür verweist er auf die frühere Abstimmung mit dem
Kanton Basel-Stadt. Basel-Stadt hat jedoch die naturwissenschaftlichen Fächer
durch neue Sammelfächer abgelöst, sodass sich dort die Frage der
Einstundenfächer gar nicht stellt.
Nicht
berücksichtigt wurde in der neuen Stundentafel trotz Lehrplan 21 die
Informatik. Damit wird es weiterhin von den Lehrkräften abhängen, ob sie Teile
der Informatik überfachlich in den Unterricht integrieren. Wenn Lehrkräfte die
Informatik nicht als wichtig erachten oder selber kaum Kompetenzen darin
aufweisen, wird sie weiterhin nicht stattfinden.
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