Bildungsdirektor Remo Ankli zieht Bilanz
über seine erste Amtsperiode.
Remo Ankli: "Bildung ist auf die Zukunft gerichtet", Solothurner Zeitung, 28.1. von Elisabeth Seifert
Sie bezeichnen das neue
Berufsbildungszentrum Solothurn-Grenchen als Ihren Lieblingsort. Warum nicht
ein Ort im Schwarzbubenland, Ihrer Heimat?
Remo Ankli: Es gibt nicht nur einen
Lieblingsort. Der Blick vom Passwang auf meinen Wohnort Beinwil ist für mich
natürlich einzigartig. Mit dem Berufsbildungszentrum will ich auch eine
politische Botschaft verbinden. Der Neubau drückt aus, dass wir Investitionen
in die Bildung tätigen. Gleichzeitig unterstreiche ich damit die Bedeutung des
dualen Berufsbildungssystems. Zudem hat man einen herrlichen Blick auf die Aare
und die Kathedrale.
Die Stärkung der dualen Bildung ist ein
zentrales Anliegen der Sek-I-Reform. Ist das gelungen?
Wir
sind ein Kanton mit einer starken Berufsbildung. Und den Schulen gelingt es,
die Schülerinnen und Schüler an die Berufsbildung heranzuführen. Wir haben
keine wachsende gymnasiale Maturitätsquote und das scheint mir gut so. Die Berufsmaturität
möchte ich noch etwas stärken. Die eingeführten Abschlusszertifikate am Ende
der Sek E und der Sek B finden in der Wirtschaft Anklang, auch die Checks, die
ja ein Teil davon sind.
Dennoch: Es braucht Anpassungen. Ein neues
Wahlfachsystem zum Beispiel soll die Schüler besser auf die Berufsbildung
vorbereiten?
Auf
das Schuljahr 2017/18 werden erste Anpassungen vorgenommen. Es ist völlig
normal, dass eine so grosse Reform nach einigen Jahren gewisse Justierungen
braucht. Wir machen dies in einem möglichst grossen Konsens mit allen Partnern.
Es handelt sich dabei auch oft um technische Fragen, nicht um hochpolitische
Themen.
Nötig ist auch eine höhere Durchlässigkeit von
der Sek E in die Kanti?
Die
Durchlässigkeit von der Sek E in die Kanti war eigentlich von Anfang an
politisch gefordert worden. In der Realität ist das dann nicht ganz so
eingetreten wie gewünscht. Man ist aber jetzt daran, das zu ändern. In der
Theorie funktioniert die klare Ausrichtung von Sek E auf die Berufsbildung und
der Sek P auf die Kanti. In der Praxis aber haben wir es mit Menschen zu tun
und auch mit gesellschaftlichen Entwicklungen. Auch nach der Sek E soll man die
realistische Chance haben, an die Kanti zu wechseln. Damit wollen wir den Druck
abbauen, dass jemand unbedingt in die Sek P gehen will, nur um sich alle
Möglichkeiten offenzuhalten. Die Profilierung der Sek P als Vorbereitung auf
das Gymnasium bleibt aber weiterhin bestehen.
Ihre Aufgabe als Bildungsdirektor bestand bis
jetzt vor allem in der Umsetzung von Reformen, die Sie nicht verantworten. Eine
undankbare Aufgabe?
Bei
der Wahl in ein Amt übernimmt man die Aufgaben, die anstehen. Jedes Gebäude,
das gebaut wird, braucht Anpassungen. Und auch Schulreformen von einem gewissen
Ausmass können nicht von Anfang an perfekt sein. Zudem ist es nicht so, dass
ich nichts Neues anpacken kann. Wir müssen zum Beispiel die Schule vorbereiten
auf die Digitalisierung. Im Volksschulbereich ist der Kanton führend beim
Unterricht in der Informationstechnologie. In Zukunft dürfte die
Digitalisierung auch den Unterricht in den bestehenden Fächern beeinflussen.
Auch auf der Sek-II-Stufe braucht es verstärkte Bemühungen.
Neben der Umsetzung der Reformen stand Ihr
Departement unter einem hohen Spardruck. Auch eine undankbare Aufgabe ...
Der
Sparauftrag über alle Departemente hinweg hatte in der zu Ende gehenden
Legislatur die höchste Priorität. Der Bereich Bildung ist der grösste
Budgetposten und musste einen entsprechenden Anteil beitragen. Das haben wir
getan, indem wir Strukturen verschlankt und Personal abgebaut haben. Mein Ziel
war es, die Einsparungen so durchzuführen, dass die Strukturen keinen Schaden
nehmen. Und das ist mir, glaube ich, nicht schlecht gelungen. Die Anzahl
Lektionen mussten wir etwas reduzieren. Wir liegen jetzt im Schweizer
Durchschnitt. Keinesfalls will ich den Durchschnitt unterschreiten. Bei den
Internatsplätzen in Sonderschulen, wo wir tendenziell auch über dem
Durchschnitt lagen, sind wir ebenfalls etwas zurückgefahren.
Über die Neuerungen beim Übertrittverfahren
von der Primarschule in die Sek I etwa hat das Departement die Öffentlichkeit
nicht aktiv von sich aus informiert ...
Ich
nehme das entgegen und ich finde diese Bemerkung auch nicht völlig falsch. Die
Schulen wurden von uns selbstverständlich informiert. Aber man kann immer über
das Ausmass der Information diskutieren.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen im
Bereich Bildung?
Eine
der grössten Herausforderungen ist die Digitalisierung von Wirtschaft und
Gesellschaft. In der Aus- und Weiterbildung von Berufsleuten müssen wir zudem
die Verschiebung vom Industriesektor hin zum Dienstleistungssektor
berücksichtigen. Und: Bildung und Schule sind das Präventionsprogramm gegen
«alternative Fakten» oder die «postfaktische Politik».
Ist die Umsetzung der Speziellen Förderung nicht eine Dauerbaustelle? Die Zufriedenheit vieler Lehrpersonen ist mittelmässig ...
Die
Zufriedenheit nimmt über die letzten Jahre immerhin zu. Die Umstellung von der
Separation zur Integration ist ein riesiger Schritt. Aber es ist klar: Wir
haben vom Kantonsrat den Auftrag, separative Formen innerhalb der Speziellen
Förderung zu ermöglichen.
Mit dem Postulat der Integration stösst man
offenbar an Grenzen?
Man
war zu Beginn vielleicht etwas zu euphorisch. Zurzeit prüfen wir zum Beispiel,
ob man ähnliche Gefässe wie die früheren Einführungsklassen ermöglichen könnte.
Wir können allerdings nicht mit zwei Systemen parallel fahren. Separative
Formen müssen innerhalb des Systems mit dem Förderlektionen-Pool organisiert
werden können. Andernfalls müssten wir mit Mehrkosten rechnen.
Heiss diskutiert wird zurzeit die Einführung
des Lehrplans 21. Wird er umgesetzt?
Ich
bin zuversichtlich, weil wir damit keine Revolution anstossen. Mit dem Lehrplan
werden in den 21 deutschsprachigen Kantonen zusammen Entwicklungen
weitergeschrieben und vervollständigt. Zudem wird in der Berufsbildung schon
lange kompetenzorientiert unterrichtet. Abstimmungen in anderen Kantonen
zeigen, dass das Volk hinter dem Lehrplan 21 steht.
Zu ihren Aufgaben gehört neben der Bildung
auch die Kulturpflege. Warum ist diese noch immer nicht im ordentlichen Budget
verankert?
Aus
Spargründen hat man diesen Bereich seinerzeit aus dem ordentlichen Budget
ausgeklammert. Die Finanzierung über den Lotteriefonds gibt der Kulturförderung
aber auch finanzielle Sicherheit. Es findet aber keine echte politische Debatte
statt. Ich bin deshalb der Meinung, dass man die Kultur stufenweise wieder ins
ordentliche Globalbudget aufnimmt. Das entspricht auch der Praxis in anderen
Kantonen.
Werden Sie bei Ihrer Wiederwahl Bildungs- und
Kulturdirektor bleiben?
Ich
will das Departement behalten. Meine Arbeit habe ich noch keine Minute bereut.
Bildung ist positiv besetzt und auf die Zukunft ausgerichtet. Die Gesellschaft
entwickelt sich und die Schule muss sich mitentwickeln. Die Schule darf den
Anschluss nicht verlieren. Die Kritik an den vielen Schulreformen darf nicht zu
einer Friedhofsruhe führen.
Im Rahmen von Sparübungen mussten Sie «Ihre»
Schwarzbuben immer wieder vor den Kopf stossen. Was hat das Schwarzbubenland
von Ihnen?
Remo Ankli Privat
Ich
bringe die Sichtweise des Schwarzbubenlands in die Regierung ein. Zum Beispiel,
was die Sensibilität im Bereich Verkehr betrifft oder auch die Zusammenarbeit
mit den beiden Basel. Andererseits kann ich den Schwarzbuben die Entscheide der
Regierung erklären. Ich verstehe mich als Brückenbauer. Es ist allerdings
unmöglich, Geschenke zu verteilen.
Seit Anfang Jahr sind Sie erstmals Landammann:
Im Wahljahr ist das sicher nicht ganz unwillkommen?
Schon
als normaler Regierungsrat ist man ja an vielen Anlässen präsent. Vor einem
Anlass muss ich mir sicher noch mehr überlegen, was ich als Landammann dazu
beitragen kann. In den nächsten Wochen wird die Unternehmenssteuerreform III
zunehmend das Thema sein. Die Schweiz muss auf internationalen Druck eine
Anpassung vornehmen. Der geplante Weg ist eine Herausforderung, gleichzeitig
aber auch eine Chance. Ich bin überzeugt, dass die Wirtschaft damit Schwung
bekommt. Dadurch wird die USR III schliesslich allen nützen, nicht nur wenigen.
Auch im Kanton Solothurn.
Drohen durch die USR III nicht gerade im
Bildungsbereich weitere Sparmassnahmen?
Aufgrund
der wirtschaftlichen Entwicklung werden die Steuerausfälle vielleicht gar nicht
so gross sein. Zudem werden wir über eine gewisse Zeit mit Defiziten leben. Die
Aufgabe für alle Departemente besteht in einer restriktiven Budgetierung. Ich
bin aber klar gegen eine weitere Kürzung der Lektionenzahl.
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