Die Entscheide des Bildungsrats stehen bei
den Bildungsvorlagen, über die im Baselbiet am 5. Juni abgestimmt wird, im
Zentrum. Es war der Bildungsrat, der den Lehrplan 21 möglichst unverändert und
schneller als alle anderen Kantone einführen wollte. Und es war der
Bildungsrat, der die Sammelfächer eiligst in der Stundentafel festschreiben
wollte. Die Politik hat, zum Glück, eingegriffen, das Tempo gedrosselt und den
Weg zu einem breit abgestützten Volksentscheid geebnet. Schliesslich geht es
nicht darum, Lorbeeren als Bildungsturbo im interkantonalen Wettlauf zu
gewinnen.
Jetzt ist der Bildungsrat
in Nöten. Ihm droht sogar die Abschaffung. Schuld daran ist er allerdings
selber: Bei mehreren Entscheidungen in den letzten Jahren hat es ihm am nötigen
Sensorium für die Bedürfnisse der Bevölkerung gefehlt. Auch als
Expertengremium, als das sich der Bildungsrat versteht, darf er nicht
vergessen, dass er bei seinen Entscheiden die Interessen der Betroffenen
voranstellen sollte. Die Betroffenen: Das sind Schüler und Jugendliche in
Ausbildung. Es geht weder darum, die Lehrer und die Hochschulen
zufriedenzustellen, noch den Politikern Denkmale zu errichten.
Vielleicht ist der
Bildungsrat auch ein Opfer ehrgeiziger Politiker, die sich mit den vielen
Reformen im Schnellzugtempo ein Denkmal als besonders fortschrittliche
Bildungschefs in besonders fortschrittlichen Kantonen schaffen wollten. Doch
dies rechtfertigt es nicht, dass sich der Bildungsrat in den letzten Jahren
beeilte, alle vorgelegten Projekte möglichst rasch durchzuwinken. Diese
Strategie hat das Potenzial zum Bumerang: So braucht es den Bildungsrat nicht
mehr.
Dennoch: Gewonnen wäre mit
der Abschaffung des Bildungsrats nichts.Entscheidender wäre es, dass sich
Experten und Verwaltung darauf besinnen, im Dienste der Auszubildenden zu
stehen. Im Zentrum müssen die Kinder und die Jugendlichen stehen, die sich das
Rüstzeug für ihr Leben erwerben – für das private Leben, für das
gesellschaftliche Leben, für die Berufslaufbahn. Die Schulen prägen die Schweiz
von morgen.
Mit der parlamentarischen
Initiative «Einführung Lehrplan 21» soll der Bildungsrat dazu verpflichtet
werden, den Volksschul-Lehrplan so zu gestalten, dass er bei der Mehrheit des
Landrats auf Zustimmung stösst. Und mit der Initiative «Verzicht auf kostentreibende
Sammelfächer» soll verhindert werden, dass der fächerübergreifende Unterricht
zur Abschaffung der traditionellen Schulfächer und der separaten Schulnoten
führt. Die Initiativen haben bereits vor der Abstimmung bei den Reformern im
Baselbiet zu einer Tempodrosselung und zu einer Mässigung bei der Umsetzung der
Reformen geführt. Bereits zugesichert ist auf der Sekundarschulstufe eine
Differenzierung des Lehrplans nach Leistungsniveaus. Versprochen hat der
Bildungsrat zudem im Abstimmungskampf, dass der Lehrplan 21 «massvoll»
umgesetzt werde. Bei den Sammelfächern räumen inzwischen auch die Gegner der
Initiative ein, dass es unglücklich war, mit der Zusammenlegung der Fächer die
Anzahl Stunden zu reduzieren; fächerübergreifender Schulunterricht erfordert
nicht weniger, sondern mehr Zeit.
Beide Bildungs-Initiativen
verfolgen nicht das Ziel, den Bildungsrat zu übergehen. Im Gegenteil: Nach der
Abstimmung wird er herausgefordert sein. Bei einem doppelten Ja besonders: Dann
wird er zusammen mit Bildungsdirektorin Monica Gschwind und deren Stab den
Lehrplan 21 so auf die Baselbieter Verhältnisse herunterbrechen müssen, dass er
mehrheitsfähig ist und nicht am Veto des Landrats scheitert. Und beim
fächerübergreifenden Unterricht gilt es, diesen im Rahmen des heutigen
Fächerkatalogs so im Lehrplan zu verankern, dass er von den in ihrem Fach
ausgebildeten Lehrern im Rahmen des traditionellen Fachunterrichts umsetzbar
bleibt. Sollten sich in Zukunft neue Perspektiven für Fächerkombinationen
ergeben, wäre es am Landrat als Gesetzgeber, die entsprechenden Entscheide zu
treffen.
Ob das Volk am 5. Juni Ja
oder Nein sagt: In beiden Fällen ist der Bildungsrat gut beraten, sich die
nötige Zeit für Reformen zu nehmen. Und vielleicht gelingt es auch, die
Entwicklung in anderen Kantonen besser zu beobachten. Möglicherweise ist der
Kanton Baselland nicht der einzige Kanton, der gewillt ist, dem Lehrplan 21 zu
etwas mehr Bodenhaftung zu verhelfen und ihn von intellektuellen Utopien zu
entschlacken. Der Bildungsrat ist herausgefordert, der Schulpolitik in der
Bevölkerung zur nötigen Akzeptanz zu verhelfen. Irgendeinmal wird im Baselbiet
auch über den Austritt aus dem Harmos-Konkordat abgestimmt. Eine breit
akzeptierte Schulpolitik wäre das beste Argument gegen einen Austritt aus dem
Harmos-Konkordat.
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