Die Schulbehörden sind sich einig:
Wenn das Sparpaket des Regierungsrats durchkommen sollte und die Gemeinden die
Schulleiter vollumfänglich zahlen und anstellen sollen, dann wollen sie auch
über die Anstellungsbedingungen entscheiden.
Werden reiche Gemeinden bald bessere Schulen haben? Bild: Keystone
Wenn sie zahlen, wollen sie befehlen, Landbote, 22.4. von Melanie Kollbrunner
Der Regierungsrat stösst die Schulbehörden vor den Kopf: Seine Sparpläne
betreffen die rund 700 Schulleiter des Kantons Zürich. Diese sollen ab 2019 bei
den Gemeinden angestellt werden. Heute stammen 20 Prozent der Schulleiterlöhne
aus der Kantonskasse, 80 Prozent bezahlen die Gemeinden.
Hört man sich in der Region um, trifft man auf Unverständnis. «Das ist
keine Sparmassnahme, das ist eine schlichte Abwälzung auf die Gemeinden», sagt
Markus Ruf, Schulpflegepräsident in Neftenbach. «Gespart wird da kein Rappen.»
«Schlicht unseriös»
Markus Ruf beobachtet auch in anderen Bereichen ein Abschieben der
finanziellen Verantwortung des Kantons: «Es heisst ja immer, die Flüchtlinge
seien Kantonssache. Wer aber den Unterricht der Flüchtlingskinder bezahlt, sind
die Gemeinden.»
Roman Arnold, Präsident der Primarschulpflege in Elsau, sieht den Sinn
der Kostenverlagerung ebenfalls nicht. Was ihn aber besonders irritiert, ist
der Zeitpunkt: «Die Führungsstrukturen in einer Phase zu ändern, in der
einerseits der neue Berufsauftrag der Lehrpersonen und andererseits der
Lehrplan 21 eingeführt und umgesetzt wird, erachte ich als wenig zielführend
und schlicht unseriös», sagt er.
«Das setzt sich allem entgegen, was wir in den letzten Jahren an
Kantonalisierungen über uns ergehen lassen mussten», bestätigt Esther Fuhrer,
Präsidentin der Primarschulpflege Pfungen. «Erst die Kindergärtner, dann die
Lehrer mit Pensen unter zehn Wochenstunden.»
Regelwerk des Kantons
Markus Nef, Präsident der Schulpflege Hettlingen, geht noch weiter: «Der
Kanton hat die Kleinstpensen an sich gerissen, um Kontrolle über alle
Anstellungsbedingungen zu haben.» Für den Schulpsychologischen Dienst werde neu
vorgeschrieben, dass dieser in einen grösseren Verbund eingebracht werden
müsse, damit ein besserer Austausch erfolgen könne.
«Erst letzte Woche wurde ich aufgefordert, dem Volksschulamt die
verantwortliche Person für Sonderpädagogik zu nennen, damit neu Statistiken in
diesem Bereich erhoben werden können. Wir erwarten eine erneute Regelflut.»
Dass ausgerechnet die gleiche Behörde nun die Anstellung der Schulleitenden an
die Gemeinden delegiere, mache schlicht keinen Sinn. «Mit diesem Schritt werden
die Schulleitenden in den Regen gestellt.»
Auch Res von Ballmoos, Präsident der Sekundarschulpflege Elgg, hat kein
Verständnis «für diese reine Verlagerung», wie er sagt. Ohnehin würde der
Vorschlag des Regierungsrats die Anstellungsverhältnisse der Schulleiter
unnötig erschweren: «Am Ende haben sie zwei Verträge, einen bei der Gemeinde
und einen beim Kanton», schliesslich seien die Schulleiter oft auch Lehrer.
Allerdings sieht er finanziell keine Überforderung: «Für die grösseren
Gemeinden ist das machbar», sagt von Ballmoos, der als Leiter der
Sekundarschule Seuzach auch die dortigen Verhältnisse kennt: Bei einem Budget
von siebeneinhalb Millionen Franken falle der Mehraufwand nicht drastisch ins
Gewicht. Marco Calzimiglia, Präsident derPrimarschulpflege in Seuzach, spricht
von einem fünfstelligen Betrag im Falle Seuzachs.
Was ihn mehr als diese Summe ärgert: «Wenn der Kanton diktiert, was wir
zu tun haben.» Damit müsse wirklich Schluss sein, wenn die Gemeinden künftig
alleine für die Löhne der Schulleiter aufkämen.
Konkurrenzsituation
Weiter befürchtet Calzimiglia eine Konkurrenzsituation zwischen den
Gemeinden: «Wer sich höhere Löhne oder mehr Stellen leisten kann, steht im
liberalisierten Markt schlicht besser da», sagt er. Für Seuzach etwa sei ein
solcher Luxus denkbar. Wenn aber anderenorts gespart werde, dann würden mehr
Aufgaben auf die Lehrer fallen, die sich dann weniger auf ihren Unterricht
konzentrieren könnten. «Im schlimmsten Fall führt das zu unterschiedlichen
Niveaus des Unterrichts.»
«Die Leidtragenden sind am Ende die Schüler», bestätigt Sarah Knüsel,
Präsidentin des Verbands der Schulleiter des Kantons Zürich, die ihren
Berufsstand in arger Bedrängnis sieht (siehe Interview rechts).
«Die Rolle der Schulleiter ist tatsächlich in gewissen politischen
Kreisen umstritten», sagt Jörg Kündig, Präsident
desGemeindepräsidentenverbands. «Die SVP sieht hier tatsächlich Sparpotenzial.»
Kantonsrat wird entscheiden
Für Kündig steht im Zentrum der Diskussion, dass die Gemeinden mehr
Entscheidungsspielraum erlangen. «Es darf nicht nur ein Kostentransfer sein. Es
muss ein Kompetenzentransfer stattfinden.» Dann sei diese Übertragung der
finanziellen Verantwortung zwar noch immer schmerzhaft, würde aber
entdramatisiert.
Die Gemeinden sollen seiner Meinung nach autonom über folgende Fragen
bestimmen dürfen: «Wollen wir Schulleiter?», «Was sollen sie verdienen?», «Wie
sollen die Anstellungsbedingungen genau aussehen?». Die Schulleiter, so Kündig,
sollen vollumfänglich der Schulbehörde unterstellt sein. «Wer zahlt, befiehlt.»
Er gehe allerdings nicht von einer starken Stellenreduktion aus, zumal
die Schulleiter nicht mehr wegzudiskutieren seien: «Sie haben sich weitgehend
etabliert.» Auch glaubt Kündig nicht daran, dass ein potenziell steigender
Druck zu aufkeimenden Diskussionen um Schulgemeindefusionen führen würde –
«Niemand wird ein Interesse daran haben, Schulgemeinden getrennt von
politischen Gemeinden zu fusionieren.» Über die Umsetzung der
Regierungsratspläne wird der Kantonsrat entscheiden.
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