1. April 2016

LCH und EDK kritisieren den Thurgau

Die Thurgauer Regierung schickt den neuen Lehrplan der Volksschule in die Vernehmlassung. Dieser sieht vor, dass die Kinder ab Mitte 2018 nicht mehr in der Primarschule Französisch lernen, sondern erst in der Oberstufe. Lehrerverband und Erziehungsdirektoren kritisieren den Plan.
Neuer Thurgauer Lehrplan ohne Französisch in Primarschule, St. Galler Tagblatt, 1.4.


Der Thurgauer Grosse Rat hatte Mitte 2014 beschlossen, den Französischunterricht auf der Primarstufe zu streichen. Der Thurgau weicht damit vom interkantonalen Lehrplan 21 ab. Entsprechend hat die Regierung den neuen Lehrplan angepasst, wie der Kanton am Freitag mitteilte.

Weil der bisherige Französischunterricht in der 5. und 6. Klasse gestrichen wird, müssen auch die Stundentafeln geändert werden: Die Lektionen aus der Primarschule werden auf die Sekundarstufe verschoben. Dort haben die Schülerinnen und Schüler künftig mehr Französisch.

Verbindlich festlegen will die Regierung, dass künftig alle Sechstklässlerinnen und Sechstklässler das traditionelle «Thurgauerlied» erlernen müssen. Dies wird damit begründet, dass im Kanton «die musikalische Förderung eine grosse Bedeutung» geniesse.

Weiter sieht der neue Thurgauer Lehrplan vor, dass die Schülerinnen und Schüler ab Mitte 2017 die Deutschschweizer «Basisschrift» erlernen. Bis Ende Juni können Bildungsinstitutionen und -verbände, Wirtschaft, Politik, Landeskirchen und weitere Interessierte zum Lehrplan Stellung nehmen.

Rote Linie überschritten
Beat Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), bedauerte im Schweizer Radio SRF 1, dass immer mehr Kantone beim Französischunterricht Sonderzüglein fahren. Wenn es so weitermachten, resultiere wieder ein Flickenteppich. Und gegen diesen habe sich das Volk bei der Abstimmung über die Schulharmonisierung 2006 deutlich ausgesprochen.

Christoph Eymann, der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), sagte dem Radio, der Thurgauer Lehrplan sei aufgrund dieser Abstimmung 2006 letztlich ein Verstoss gegen die Bundesverfassung.

Der Sprachenkompromiss der EDK aus dem Jahr 2004 sehe eindeutig vor, dass in der Primarstufe zwei Fremdsprachen gelernt werden sollen. Die anderen Deutschschweizer Kantone, die ausscheren wollen, warnte Eymann vor einer Bundesintervention.

Dass der Bundesrat ein Machtwort sprechen könnte, hatte Innenminister Alain Berset bereits im Vorfeld des Thurgauer Lehrplans mehrmals angekündigt. Der Innenminister erwägt dazu eine Änderung des Sprachengesetzes. Für die Landesregierung ist die zweite Landessprache in der Primarstufe wesentlich. Die Kantone wüssten, dass sie diese rote Linie nicht überschreiten dürften, warnte sie.

Unterschiedliche Zeitpläne
Laut Angaben der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren haben, ein Jahr nach Vorliegen des Lehrplans 21, bisher 18 der 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantone die Einführung von entsprechenden neuen Lehrplänen beschlossen.

Luzern, Appenzell-Ausserrhoden, Nidwalden, St. Gallen, Thurgau, Obwalden, Glarus, Schwyz und Uri wollen ihre neuen Lehrpläne im Sommer 2017 einführen. Ein Jahr später folgen Bern, Graubünden, Schaffhausen, Solothurn und Zürich. Freiburg und Zug warten bis 2019.

Bereits seit Sommer 2015 wird in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft im Kindergarten und in der Primarschule mit je einem neuen kantonalen Lehrplan auf der Basis des Lehrplans 21 gearbeitet. Noch nicht entschieden ist die Einführung neuer Lehrpläne im Aargau, in Appenzell-Innerrhoden und im Wallis.

In 13 Kantonen regte sich Widerstand gegen die Einführung eines einheitlichen Lehrplans. Unter anderem in Zürich, Bern, Aargau und Thurgau wurden entsprechende Volksinitiativen eingereicht. (sda)






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