In der ganzen Schweiz regt sich Widerstand gegen
das neoliberale Konstrukt „Lehrplan 21“. Erstaunlicherweise fehlt jedoch der
Widerstand von links, obwohl die WoZ immer wieder über kritische Stimmen von
links berichtete. Zwei Beispiele: Die Bildungsgruppe des linken Thinktanks
Denknetz lehne den LP 21 kategorisch ab, weil er sich vom emanzipatorischen
Bildungsverständnis verabschiede und es nur noch um die wirtschaftliche
Verwertbarkeit der Menschen gehe. Gemäss dem Lehrplanforscher Prof. Rudolf
Künzli entmündige der LP21 die Lehrpersonen.
Leserbrief, Widerstand gegenden Lehrplan 21, von Peter Aebersold
Tatsächlich ist der Lehrplan 21 ein
neoliberales Projekt, das von transnationalen Organisationen wie der Weltbank,
der Welthandelsorganisation (WTO) oder der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) diktiert wird. Er
ist Türöffner für den Zugriff der globalen Bildungskonzerne auf die staatliche
Volksschule, wie er durch die WTO-Verträge (GATS) und durch TiSA
(Trade in Services Agreement) geplant ist.
Der Lehrplan 21 will unser bewährtes Schulsystem
auf dem Kopf stellen. Er fordert schweizweit flächendeckend „offene Lernformen“
(„selbstorganisiertes“, „individuelles Lernen“), bei denen der Schüler
bestimmt, was wie wann und ob er überhaupt lernen will. Deshalb darf der Lehrer
keinen Klassenunterricht mehr machen und kein Wissen vermitteln. Er wird zum
Lernbegleiter degradiert, der nur noch Arbeitsblätter und Wochenpläne
erarbeitet und "Lernumgebungen" zur Verfügung stellt. Mit den
"offenen Lernformen" werden die mittleren und schwachen Schüler als
Einzelkämpfer allein gelassen, die Stofflücken werden immer grösser und die
Chancen einen Beruf erlernen zu können, immer kleiner. Es findet eine stille
Selektion bereits ab der ersten Klasse statt, die Chancengleichheit wird
ausgehebelt und die Weichen zur Zweiklassengesellschaft gestellt.
Die dem Lehrplan 21 zugrunde liegenden
„Kompetenzen“ werden im Pisa-Test der Wirtschaftsorganisation OECD abgefragt
und bestimmen so Ausrichtung, Inhalt und Niveau der Lehrpläne. Damit dringt der
harte, profitorientiere Konkurrenzkampf der globalisierten Wirtschaft in Schule
und Elternhaus und stört ein ruhiges Lernen und unbeschwertes Aufwachsen
unserer Kinder.
Mit dem Lehrplan 21 wird die Methodenfreiheit
praktisch abgeschafft: An einer Schulleitertagung im Kanton Thurgau wurde dasamerikanische Überwachungsinstrument „Classroom walkthrough“ vorgestellt, mit
dem die Schulleiter sicherstellen können, dass die Lehrer keinen
Klassenunterricht mehr machen: Der Schulleiter führt jährlich zehn bis fünfzehn
kurze, nicht angekündigte Unterrichtsbesuche durch, ohne anzuklopfen, ohne
Begrüssung und ohne Verabschiedung. Auf dem Beobachtungsbogen notiert er u.a.,
ob der Lehrer „offene Lernformen“ anwendet oder nicht. Überwachungsstaat in der
freien Schweiz?
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