12. August 2015

Gegen den Strom schwimmen

In der Diskussion um den Lehrplan 21 wird immer gebetsmühlenartig repetiert, dass es sich nicht lohne, gegen den Strom zu schwimmen. Ausserdem darf der Hinweis nicht fehlen, dass das Schweizer Volk der Harmonisierung im Schulwesen mit grossem Mehr zugestimmt habe. Leicht überraschend ist es dennoch, dass ausgerechnet der Präsident der Appenzell-Innerrhoder SVP diese Phrasen nachplaudert. Ausgerechnet Innerrhoden, das in Sachen Sprachen ja (zurecht!) aus der Reihe tanzt. Ausgerechnet die SVP, die ja schweizweit den Lehrplan 21 bekämpft. Sie können lustig sein, die Appenzeller, manchmal sind sie schlicht auch unverständlich. (uk)
SVP-Präsident ist gegen Initiative, Appenzeller Zeitung, 12.8. von Roger Fuchs


Dass mit Paul Bannwart ein Mitglied der Innerrhoder SVP mit einer Einzelinitiative gegen den Lehrplan 21 kämpft, kommt für den Innerrhoder SVP-Präsidenten Ruedi Eberle nicht überraschend. Bannwart habe diesen Schritt angekündigt.
Gemäss Eberle findet sich bis zum heutigen Zeitpunkt keine breite Basis in seiner Partei, die hinter der Einzelinitiative steht. Eine Diskussion zur Sache wird noch folgen. Schon heute aber ist klar: Wenn sich die Partei für eine Unterstützung von Bannwarts Anliegen stark machen sollte, wird sich Ruedi Eberle nicht an vorderster Front dafür einsetzen wollen. Für ihn steht fest: «Ohne Lehrplan 21 würden wir gegen den Strom schwimmen, und als kleiner Kanton ist dies im Schulwesen nicht zielführend.» Zudem habe das Schweizer Volk einer Harmonisierung im Schulwesen mit grossem Mehr zugestimmt.
Lehrplan lässt Spielraum zu
Wie Ruedi Eberle weiter ausführt, hat sich die Partei im letzten Herbst ausführlich über den Lehrplan 21 informieren lassen. Erziehungsdirektor Roland Inauen und Norbert Senn, Leiter des Schulamtes, waren dazu eingeladen worden. An jenem Abend sei nichts beschlossen und auch kein Antrag gestellt worden, die Parteimitglieder hätten sich lediglich orientieren lassen, sagt Eberle. Er selbst kam dabei zum Schluss, dass der Lehrplan 21 den Kantonen bei der Umsetzung einen gewissen Spielraum zulässt. «Ich bin überzeugt, dass Appenzell Innerrhoden diesen Spielraum nutzt. Zudem hängt es letztlich immer von der Lehrperson ab, wie sie anhand des Lehrplans 21 den Unterricht gestaltet», so der SVP-Präsident.
Mit Paul Bannwarts Initiative verbunden ist auch der Antrag, dass es weiterhin in der Hoheit des Kantons liegt, den Lehrplan festzulegen. Der Initiant verlangt aber, dass künftig nicht mehr die Landesschulkommission, sondern der Grosse Rat dafür zuständig sein soll. Dazu Ruedi Eberle: «Es ist besser, wenn sich eine Fachkommission mit den Detailfragen des Lehrplans auseinandersetzt. Der Grosse Rat soll nur den Rahmen festlegen. Dies kann er in der Beratung von Gesetz und Verordnung; ähnlich wie beim Baugesetz. Dort entscheidet auch nicht der Grosse Rat über Quartierpläne.»
Das Büro des Grossen Rates wird gemäss Grossratspräsident Pius Federer die Einzelinitiative an der Sitzung vom 21. August vorbesprechen und anschliessend zur Behandlung an den Grossen Rat weiterleiten.
Die Gründe des Initianten
Paul Bannwart will aus verschiedenen Gründen verhindern, dass der Lehrplan 21 in Appenzell Innerrhoden eingeführt wird. Beispielsweise verlangt er, dass weiterhin in Jahrgangsklassen unterrichtet wird und im Lehrplan auch konkrete Fächer und Jahresziele genannt werden. Im Lehrplan 21 ist dagegen die Rede von Fachbereichen und Kompetenzen.
Auch stört sich der Einzelinitiant daran, dass sich Kinder heute viel Wissen selbst aneignen müssen. Kinder sollen stattdessen vom Lehrpersonal kindergerecht gefördert werden. Auch will Bannwart, dass der Lehrplan nicht einfach stillschweigend und ohne Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger eingeführt wird.


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