Sexualkunde kommt nicht vor das Volk, Tages Anzeiger, 14.7.
Die
Volksinitiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule»
wird nicht zur Abstimmung gelangen. Die Initianten haben das Volksbegehren
zurückgezogen.
15 Gründungsmitglieder
des Initiativkomitees haben innerhalb der gesetzlichen Frist unterschrieben,
dass sie die Initiative zurückziehen, wie dem Bundesblatt vom Dienstag zu
entnehmen ist. Der Bundesrat wird den Initiativtext deshalb nicht dem Volk zur
Abstimmung unterbreiten.
Die Initiative wollte
Sexualkundeunterricht in der Schule vor dem neunten Lebensjahr der Kinder
verhindern. Bis zum zwölften Lebensjahr sollte er freiwillig sein. Und dann
sollte er sich auf die «Vermittlung von Wissen über die Fortpflanzung und die
menschliche Entwicklung» konzentrieren.
Umstrittene «Sexbox»
Die Initianten
argumentierten, dass die Kinder hierzulande in Kindergärten und Primarschulen
«immer häufiger mit Pornografie und Sexualkundeunterricht belästigt» würden.
Den Anstoss zum Volksbegehren gab die sogenannte «Sexbox», die in baselstädtischen
Schulen zur Aufklärung eingesetzt und in der Öffentlichkeit hitzig diskutiert
wurde. Dies weil sie unter anderem Sexualorgane aus Plüsch enthielt.
Im Initiativkomitee
sassen SVP-Parlamentarier wie Toni Bortoluzzi, Oskar Freysinger und Peter Föhn,
aber auch der CVP-Nationalrat Jakob Büchler. Im Parlament hatte die Initiative
keine Chance. Der Empfehlung des Bundesrates folgend, verwarf sie der
Nationalrat mit 134 zu 36 Stimmen und der Ständerat mit 37 zu 1 Stimmen.
Ziele erreicht
Nun kommt das Anliegen
nicht zur Abstimmung. Die Initianten begründen den Rückzug der Initiative in
einer Mitteilung vom Dienstag damit, dass sie ihre Ziele bereits erreicht
hätten. Aus den Basler «Sexboxen» sei das «pornografische Material» entfernt
worden. Ausserdem sei die «unsensible Bezeichnung 'Sexbox'» geändert worden.
Zudem sei das
Kompetenzzentrum Sexualpädagogik und Schule an der Pädagogischen Hochschule
Luzern geschlossen worden. Dieses war im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit
(BAG) entstanden. Das BAG sei einmal mehr in die Schranken verwiesen worden,
heisst es in der Mitteilung der Initianten.
Bei der Erstellung des
Lehrplans 21 sei ausserdem darauf geachtet worden, dass vor dem 10. Lebensjahr
der Kinder kein Sexualkundeunterricht vorgesehen sei. Zudem habe man im
gesamten Lehrplan auf die Verwendung des «ideologisierten Ausdrucks 'Gender'»
verzichtet.
Verein gegründet
Die Initianten wollen
aber weiter wachsam bleiben, wie sich der Sexualkundeunterricht an Schweizer
Schulen entwickelt. Deshalb haben sie einen Verein gegründet. Er nennt sich
«Verein Schutzinitiative» und will Auswüchse beim Sexualkundeunterricht
verhindern. Der Verein werde Initiativ- und Referendumsstärke besitzen, wurde
angekündigt.
Das Komitee ist sich
zudem der Unterstützung durch das Volk sicher. Eine Umfrage, welche noch
publiziert werde, habe gezeigt, dass derzeit alle Anliegen der Volksinitiative
von einer Mehrheit der stimmberechtigten Bevölkerung unterstützt würden.
Dennoch sei man zur
Überzeugung gelangt, dass es besser sei, nicht die kurzfristige Entscheidung an
der Urne zu suchen. Stattdessen sollten die Kräfte in einer langfristigen
Kampagne gebündelt werden.
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