19. Oktober 2014

"Verschwenderischer Leerlauf"

Nach den Baselbietern sollen auch die St. Galler darüber abstimmen, ob sie das Harmos-Konkordat verlassen wollen. Mit der Initiative "Ja zum Austritt aus Harmos" will der Verein Starke Volksschule die Einführung des Lehrplans 21 verhindern.



Kritiker befürchen ein Anwachsen der Unterschiede zwischen den Schülern, Bild: Christian Beutler

"Ein verschwenderischer Leerlauf", St. Galler Tagblatt, 18.10. von Nina Rudnicki


Der Widerstand gegen den Lehrplan 21 und das HarmoS-Konkordat nimmt immer deutlichere Formen an. Auch in St.Gallen. Hier lanciert der Verein Starke Volksschule St.Gallen gerade die Initiative «Ja zum Austritt aus HarmoS – Nein zum Lehrplan 21». Die Rechtsprüfung beim Kanton sei durch, sagt Vereinspräsident Michael Fitzi. Die Anmeldung bei der Staatskanzlei folge in den nächsten Tagen. Am 4. November soll die Unterschriftensammlung beginnen. Damit folgt St.Gallen dem Beispiel des Kantons Baselland, wo die Initiative für den Austritt aus dem HarmoS-Konkordat in dieser Woche zustande gekommen ist. Im Aargau läuft die Unterschriftensammlung für die Initiative «Nein zum Lehrplan 21». Genauso in Schwyz.

«Anderes versprochen»

«Jeder Kanton, der aktiv wird, ist eine Bestätigung, dass der Lehrplan 21 nicht das ist, was er sein sollte», sagt Fitzi. Vor allem der Erfolg der Lehrplan-21-Gegner in Baselland bestätigt Fitzi in seinem Vorhaben. «Unser Ziel ist es, mit dem Austritt aus HarmoS zu verhindern, dass der Lehrplan 21 eingeführt wird», sagt er. Denn dieser halte nicht das, was die Verantwortlichen, die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz, versprochen haben. Das zeigt sich wohl auch darin, dass ausgerechnet Baselland der erste Kanton ist, wo eine entsprechende Initiative lanciert wurde. Also jener Kanton, der ursprünglich den Anstoss für die Harmonisierung im Bildungsbereich gab.
«Als das Stimmvolk Ja zu HarmoS sagte, glaubte es, dass die Lehrpläne in der Deutschschweiz sinnvoll vereinheitlicht werden», sagt Fitzi. «Dass, falls Eltern mit ihren Kindern in einen anderen Kanton ziehen, dort derselbe Schulstoff behandelt wird.» Doch habe sich immer deutlicher gezeigt, dass es sich beim Lehrplan 21 um «eine teure und verschwenderische Leerlaufreform handle». «Bislang ist nichts erreicht worden. Es gibt noch immer keine einheitlichen Jahrgangsziele.» Und bezüglich der Fremdsprachen in der Primarschule seien sich die Kantone ebenfalls nicht einig, wie die Diskussion über des Frühfranzösisch und -englisch zeige.
«Es ist mehr als nur riskant, einen rechtsverbindlichen Lehrplan auf ein so weitgehend ungeklärtes und unausgereiftes Konzept aufzubauen», sagt Fitzi. Gerade wenn man bedenke, dass mit dem Lehrplan 21 bis zu zehn Millionen Franken Mehrkosten pro Jahr auf den Kanton zukommen könnten. «Da wäre etwas mehr Zurückhaltung und Vorsicht angebracht.»

Opposition anerkennen

Fitzi erhofft sich durch die Initiative auch, dass die Regierung die wachsende Opposition anerkennt. Und den Lehrplan 21 nicht wie geplant im Jahr 2016 einführt. «Bislang hat die Regierung eine Verschiebung des Lehrplans 21 abgelehnt», sagt er. «Jetzt wäre es aber bildungs- und finanzpolitisch klug, die Volksabstimmung abzuwarten.»
Denn dass die erforderlichen 4000 Unterschriften im Kanton St.Gallen innerhalb der nächsten fünf Monate zusammenkommen werden, ist sich Fitzi sicher. «Unser Verein hat mittlerweile viele Mitglieder und Sympathisanten. Allein das bringt uns viele Unterschriften ein», sagt er. Zudem seien Standaktionen geplant.
«Wir sind nicht per se gegen einen einheitlichen Lehrplan», sagt Fitzi. Aber dieser sollte einen Mehrwert schaffen. «Und nicht auf 500 Seiten rund 4000 <Kompetenzen> umschreiben, die ein junger Mensch in der Schule abarbeiten muss.»

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