13. Juli 2014

Bastelpflicht für Eltern

Letzte Woche wars so weit: Meine Tochter durfte ihrem Kindergarten zum ersten Mal einen Besuch abstatten. Ich begleitete sie und war mindestens so gespannt wie meine Kleine, was uns dort erwarten würde.




Bananen unerwünscht - dafür Basteln à gogo, Bild: Kirbus Edvard

Bastelpflicht für Eltern, Mamablog von Jeantette Kuster, 6.7.



Schliesslich hatte ich die letzten Wochen viel zum Thema gehört von meinen Freundinnen, von emotionalen Momenten, unauffällig weggedrückten Tränchen und einer (trotz allem Stolz) dezenten Traurigkeit, weil der Eintritt in den Kindergarten auch ein kleiner Schritt weg von Zuhause bedeutet.
Nun, bei mir lief es ein wenig anders ab. Ich musste mir keine Tränchen wegwischen, sondern vielmehr ein paar Mal leer schlucken. Dabei hätte ich vorgewarnt sein müssen, schliesslich erzählt mir meine Arbeitskollegin regelmässig von ihren Elternpflichten im Kindergarten. Doch irgendwie hatte ich bis anhin stets gehofft, sie habe einfach ein bisschen Pech gehabt bei der Zuteilung. Weit gefehlt.
Nach einer kurzen Aufwärmphase bat die Lehrerin uns Mütter und Väter nämlich nach nebenan, um uns «ganz viele Informationen» zu geben. Informationen zum Znüni etwa. Denn die Eltern müssen den Kindern zwar etwas zu essen mitgeben, aber was das sein soll, das bestimmt bitte schön der Kindergarten. Und so wurde uns zuerst mündlich und danach noch auf drei A4-Seiten zum Mitnehmen erklärt, weshalb die Banane unerwünscht sei und auch der Getreideriegel keine Alternative. Und ich bekam schon etwas Mühe. Nicht dass ich etwas gegen gut gemeinte Empfehlungen hätte. Aber ein Bananenverbot? Ernsthaft?
Keine Zeit, länger darüber nachzudenken, weiter gings. Wir bekamen den Stundenplan und den Quintalsplan, den wir bitte zu Beginn jeder Woche konsultieren möchten. Darauf sind zum Beispiel bereits das Knabenschiessen (in der Arbeitswelt höchstens ein freier Nachmittag, im Kindergarten offenbar ein ganzer Freitag) und der erste Elternabend eingetragen – zwei neue Termine für die elterliche Agenda also. Ausserdem gabs eine Liste mit den durchs Jahr hindurch anstehenden weiteren Elternterminen: zwei Besuchsmorgen, verschiedene Elternabende, mindestens ein Elterngespräch, ein Jahresabschlussfest. Und schliesslich an einem Montagvormittag Räbenschnitzen mit Mama oder Papa und am Tag darauf der Umzug mit der ganzen Familie.
Ja, man bietet uns Eltern tatsächlich zum Basteln auf. Und ich rede hier nicht von einer freundlichen, auf Freiwilligkeit basierenden Einladung. Die Räbeliechtli-Geschichte ist ganz klar als Muss aufgeführt. Bloss: Ich arbeite montags. Das heisst, ich muss künftig freinehmen, um in vereinter Runde Räbeliechtli zu schnitzen, wenn ich das doch ebenso gut (wie bisher auch) an meinem freien Tag erledigen könnte, ja gerne erledigen würde. Doch Verweigerung ist keine Option. Denn wer will schon, dass sein Kind dann als einziges ohne Mama oder Papa dort sitzt?
Die Schulferien alleine stellen Familien, in denen beide Elternteile arbeiten, vor eine logistische Herausforderung. Hinzu kommen neben den (gerne mittels Brückentagen verlängerten) Feiertagen die Weiterbildungstage der Lehrer, an denen der Unterricht ebenfalls ausfällt. Stehen dann noch so viele Besuchs- und Bastelmorgen auf dem Programm, läuft das Fass irgendwann über. Schliesslich sind Freitage ein knappes Gut, das man lieber in Ferien mit der Familie investieren würde als in Schulbesuche. Und nicht immer kann man auf Befehl freinehmen, denn womöglich steht gleichzeitig ein wichtiger Geschäftstermin an. Immerhin haben mein Mann und ich noch die Möglichkeit, uns bei diesen Pflichtterminen abzuwechseln. Wie handhaben das bloss Alleinerziehende mit mehreren Kindern, die am Ende auf mehr als zehn solcher Elterntermine pro Jahr kommen?
Dass die Möglichkeit besteht, dem Kindergarten ab und zu einen Besuch abzustatten und sogar aktiv mitzuwirken, ist grossartig. Dass dieses Angebot Pflicht ist, empfinde ich hingegen als Zumutung. Die Realität sieht nun mal so aus, dass die meisten Mütter berufstätig sind. Und womöglich keine Zeit haben, mitten am Vormittag einfach mal ein bisschen basteln zu kommen.


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