1. April 2013

Mediendidaktische Pleite

Landauf landab werden momentan Pilotklassen auserkoren, die im Unterricht von einem Tablet-Computer begleitet werden. In den Medien wird dies als Quantensprung gefeiert, in den Schulen sieht's meist profaner aus. Da wird gespielt, gesurft und Unsinn getrieben - alles in sicherer Distanz zum Lehrer. Ein kurzes Interview mit einem ehemaligen Schüler einer deutschen Laptopklasse zeigt, dass der Erfolg von Medieneinsatz im Schulunterricht mit der mediendidaktischen Kompetenz der Lehrenden steht und fällt. Leider steht meistens der Fetisch der Technik und Methoden im Vordergrund.
Das Interview ist erschienen im Halbtagsblog unter dem aussagefreudigen Titel Gespräch mit einem “Opfer” digitalen Unterrichts. Da ist u.a. zu lesen:

Robert: [...] Das Projekt wurde als zweijähriger Modellversuch präsentiert – die Notebooks sollten eigentlich in jedem Kurs ganz intensiv genutzt werden. Es waren haufenweise Lernprogramme vorinstalliert und wurde ganz groß angekündigt.
Jan: In welchen Fächern habt ihr letztlich mit den Rechnern gearbeitet?
Robert: Am Ende haben wir sie eigentlich nur in Englisch und Informatik gebraucht – ansonsten gar nicht. Von den installierten 20 Programmen haben wir vielleicht 4 genutzt.
Jan: Also nur während der zwei Jahre und nur in zwei Kursen. Wie war das da?
Robert: Also, in Informatik ist es natürlich sinnvoll, dass jeder seinen eigenen Rechner hat, aber das hätte man in einem Computerraum auch machen können. Und in Englisch… (zögert) Wenn wir zwischendurch mal ernsthaft dabei waren, haben wir schon was gelernt, aber… eigentlich haben wir nur hinten gesessen und CounterStrike gezockt.
Im Interview geht es außerdem um technische und organisatorische Probleme. Was aber in dem zitierten Ausschnitt interessant ist: Offensichtlich fehlte den Lehrer/innen vollständig die didaktische Fähigkeit, mit der Situation umzugehen. Wenn die Schüler/innen "hinten" sitzen und Spielchen machen, dann ist die Sitzordnung völlig verfehlt - und darüber hinaus hat die Lehrkraft die Situation nicht im Geringsten unter Kontrolle. In dem Moment, wo die Schüler/innen Counter-Strike spielen, ist die Nutzung der Technik für die Lernabsichten destruktiv. Obwohl das Projekt 'Laptopklasse' groß angekündigt war und die technische Infrastruktur einigermaßen stimmte (alle Schüler/innen hatten ein Laptop, es waren "haufenweise Lernprogramme" installiert), hat kaum ein/e Lehrer/in die Laptops genutzt. Entweder hatten sie Angst vor den neuen Technologien oder sie sahen keinen Sinn darin, mit den Laptops zu arbeiten - beides deutet ebenfalls auf mediendidaktische Defizite hin.

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