14. Juni 2012

Augen zu und durch

Wenn man etwas Neues in der Schule einführt, sollte man sicher sein, ob sich dies auch wirklich lohnt. Gerade beim frühen Fremdsprachenunterricht ist die Frage nach der Wirkung sehr berechtigt. Die vorhandenen Studien sind nämlich durchs Band skeptisch, ob dieses Experiment auf dem Rücken unserer Schüler, Lehrer und Eltern erfolgsversprechend sein kann.
Nun haben zwei Berner Grossräte mittels einer Motion versucht, die Wirkung des Frühfranzösischen wissenschaftlich abklären zu lassen. Nachdem die Berner Drittklässler seit letztem August bereits Französisch lernen (ab der 5. Klasse kommt dann noch Englisch dazu), könnte man sagen, dieser Vorschlag komme reichlich spät. Immerhin wäre es das erste Parlament gewesen, welches in dieser wichtigen Frage Klarheit verlangt hätte. Doch das Parlament folgte seinemBildungsdirektor und lehnte den Vorstoss ab mit dem erstaunlichen Hinweis auf die Kosten, die dies verursachen würde.  Zur Erinnerung: Die Frühfremdsprachen kosten den Kanton Bern jährlich 7 Millionen Franken, dazu kommen noch die Kosten für die Lehrmittel für 8000 Primarschüler und ihre Lehrer.
Frühfremdsprachen: keine Methode, kein Geld, kein Erfolg. Bild: welt.de
Was steckt hinter dem sonderbaren Vorgehen des Parlaments? Als vor Jahren die Wunderwirkung von frühem Lernen an die Ohren der Politiker gelangte, war man entzückt: Endlich mal etwas, mit dem man im Bildungsbereich Punkte sammeln konnte. Euphorisch beschloss man die Vorverlegung des Französisch- und Englischunterrichts, ohne sich die kritischen Stimmen dazu anhören zu wollen.  Mit der Ablehnung einer Evaluation des Frühfranzösischen versuchte man in erster Linie das Gesicht zu wahren. Man weiss zwar, dass die Übung pädagogisch nicht legitimiert ist, viel Geld kostet und erwiesenermassen wenig bis nichts bringt. Doch die Angst, hier ihr Versagen eingestehen zu müssen, war stärker als das bildungspolitische Gewissen der Kantonsräte. Mit diesem Entscheid hat Bern den Anspruch auf eine Führungsposition in der nationalen Bildungspolitik endgültig verspielt und darf nun gehorsam auf weitere Vorgaben aus der EDK-Zentrale warten und diese auch kostenintensiv umsetzen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen