Von
einem «Reförmchen» oder einer «Pseudoreform» war im Zürcher Stadtparlament die
Rede. Gemeint war das, was nach der Debatte von Stadtrat Laubers radikaler
Neuorganisation übrig blieb. Darüber stimmen die Stadtzürcher jetzt ab.
Aus der Zentralisierung wird eine Vereinheitlichung, NZZ, 15.11. von Walter Bernet
Gerold Lauber, Chef des
Stadtzürcher Schul- und Sportdepartements, hätte in den Stadtzürcher
Volksschulen gerne eine prägendere Rolle gehabt. Gestützt wurde er von einem
Expertenbericht aus dem Jahr 2009. Das heutige Nebeneinander von neun
Schulbehörden, die alle auf der gleichen Hierarchiestufe stehen, hätte einer
zentralen Schulpflege unter Laubers Vorsitz weichen sollen. Dieser Behörde wäre
die Gesamtverantwortung für die Führung der städtischen Volksschulen zugekommen.
Dem Gemeinderat ging das
zu weit. Er strich diesen zentralen Punkt im Juni wie erwartet aus der
stadträtlichen Weisung. Zwar waren sich die städtischen Parlamentarier mehr
oder weniger einig darüber, dass die Schulbehörden einer Reorganisation
bedürfen. Es blieb aber am Ende beim deutlich angenommenen Reförmchen; eine
grundlegende Neugestaltung wird Aufgabe von Laubers Nachfolger sein; dieser
tritt im kommenden März nicht mehr zu den Stadtratswahlen an.
Ausrichtung
auf Integration
In der Abstimmung vom
26. November geht es im Wesentlichen noch um Anpassungen an die
Veränderungen der Volksschulen im letzten Jahrzehnt: die Stärkung der Rolle der
Schulleitungen und die Umsetzung des Grundsatzes der Integration. Heute wird
die Volksschule dezentral von den sieben Kreisschulpflegen geführt. Daneben
gibt es zwei Schulbehörden, die für das ganze Stadtgebiet zuständig sind: die
Präsidentinnen- und Präsidentenkonferenz sowie die Schulkommission für die
Sonderschulen und weitere gesamtstädtische sonderpädagogische Angebote.
Zwei unterschiedliche
Behörden sind also für die Regelschulen einerseits, die drei städtischen
Sonderschulen anderseits zuständig. Das widerspreche dem Grundsatz der
schulischen Integration, heisst es in der Weisung zur Abstimmung. Damit dieser
Grundsatz auch auf Behördenebene umgesetzt wird, soll die Schulkommission für
die Sonderschulen nun abgeschafft werden. Neu soll die Präsidentinnen- und
Präsidentenkonferenz auch die politische Verantwortung für die Heilpädagogische
Schule, die Schule für Kinder und Jugendliche mit Körper- und
Mehrfachbehinderungen, die Schule für Sehbehinderte sowie für die weiteren
gesamtstädtischen sonderpädagogischen Angebote übernehmen.
Bestehende
Doppelspurigkeiten bei der integrierten Sonderschulung, bei der Zuweisung von
Ressourcen für Therapien und Förderangebote, bei der Betreuung von
Sonderschülern und der Aufsicht über die Sonderschulen entfallen dadurch, wie
es in der Weisung heisst. Weitere Neuerungen betreffen die Budgetierung in den
Schulkreisen, das Recht der Schulbehörden, Aufgaben an Angestellte der Stadt zu
delegieren, und begriffliche Anpassungen an das neue kantonale Gemeindegesetz.
Mit den entsprechenden Änderungen der Gemeindeordnung werde die Führung der
Volksschule vereinheitlicht.
Kommission
wehrt sich
Im Gemeinderat stellte
sich nur die SVP-Fraktion gegen die Vorlage. Zwar lehnte der Gemeinderat den
grössten Stein des Anstosses, die Zentralisierung der Schulführung ab, aber was
bleibt, ist für die SVP eine unausgereifte Vorlage. Mit ähnlichen Argumenten
lehnt auch die von Lauber geleitete Schulkommission für die Sonderschulen und
weitere gesamtstädtische sonderpädagogische Angebote ihre Abschaffung ab. Die
neuen Strukturen seien zu wenig durchdacht. Befürchtet wird, dass den Anliegen
der Sonderschulen und der Kinder mit besonderen Bedürfnissen künftig zu wenig
Rechnung getragen werde.
Kein Wort davon, dass die Abschaffung der Schulkommission (als Kommission des Gemeinderates) ein weiterer Demokratieabbau in der Volksschule bedeutet. Kein Wort davon, dass gleichzeitig der Kindergarten aus der Gemeindeordnung „gekippt“ werden soll, obwohl die Stimmbürger des Kantons Zürich im Jahr 2012 mit 71% Ja für die Beibehaltung des Kindergartens und gegen die Grundstufe gestimmt haben.
AntwortenLöschenWas ist das für eine Ausrichtung auf Integration, wenn sie auf dem Buckel der Kinder mit besonderen Bedürfnissen geschieht, in dem die Aufsicht der spezialisierten Milizschulpflege abgeschafft wird?