15. November 2017

Stadtzürcher Schulpflege wird nicht zentralisiert

Von einem «Reförmchen» oder einer «Pseudoreform» war im Zürcher Stadtparlament die Rede. Gemeint war das, was nach der Debatte von Stadtrat Laubers radikaler Neuorganisation übrig blieb. Darüber stimmen die Stadtzürcher jetzt ab.

Aus der Zentralisierung wird eine Vereinheitlichung, NZZ, 15.11. von Walter Bernet



Gerold Lauber, Chef des Stadtzürcher Schul- und Sportdepartements, hätte in den Stadtzürcher Volksschulen gerne eine prägendere Rolle gehabt. Gestützt wurde er von einem Expertenbericht aus dem Jahr 2009. Das heutige Nebeneinander von neun Schulbehörden, die alle auf der gleichen Hierarchiestufe stehen, hätte einer zentralen Schulpflege unter Laubers Vorsitz weichen sollen. Dieser Behörde wäre die Gesamtverantwortung für die Führung der städtischen Volksschulen zugekommen.
Dem Gemeinderat ging das zu weit. Er strich diesen zentralen Punkt im Juni wie erwartet aus der stadträtlichen Weisung. Zwar waren sich die städtischen Parlamentarier mehr oder weniger einig darüber, dass die Schulbehörden einer Reorganisation bedürfen. Es blieb aber am Ende beim deutlich angenommenen Reförmchen; eine grundlegende Neugestaltung wird Aufgabe von Laubers Nachfolger sein; dieser tritt im kommenden März nicht mehr zu den Stadtratswahlen an.

Ausrichtung auf Integration

In der Abstimmung vom 26. November geht es im Wesentlichen noch um Anpassungen an die Veränderungen der Volksschulen im letzten Jahrzehnt: die Stärkung der Rolle der Schulleitungen und die Umsetzung des Grundsatzes der Integration. Heute wird die Volksschule dezentral von den sieben Kreisschulpflegen geführt. Daneben gibt es zwei Schulbehörden, die für das ganze Stadtgebiet zuständig sind: die Präsidentinnen- und Präsidentenkonferenz sowie die Schulkommission für die Sonderschulen und weitere gesamtstädtische sonderpädagogische Angebote.

Zwei unterschiedliche Behörden sind also für die Regelschulen einerseits, die drei städtischen Sonderschulen anderseits zuständig. Das widerspreche dem Grundsatz der schulischen Integration, heisst es in der Weisung zur Abstimmung. Damit dieser Grundsatz auch auf Behördenebene umgesetzt wird, soll die Schulkommission für die Sonderschulen nun abgeschafft werden. Neu soll die Präsidentinnen- und Präsidentenkonferenz auch die politische Verantwortung für die Heilpädagogische Schule, die Schule für Kinder und Jugendliche mit Körper- und Mehrfachbehinderungen, die Schule für Sehbehinderte sowie für die weiteren gesamtstädtischen sonderpädagogischen Angebote übernehmen.
Bestehende Doppelspurigkeiten bei der integrierten Sonderschulung, bei der Zuweisung von Ressourcen für Therapien und Förderangebote, bei der Betreuung von Sonderschülern und der Aufsicht über die Sonderschulen entfallen dadurch, wie es in der Weisung heisst. Weitere Neuerungen betreffen die Budgetierung in den Schulkreisen, das Recht der Schulbehörden, Aufgaben an Angestellte der Stadt zu delegieren, und begriffliche Anpassungen an das neue kantonale Gemeindegesetz. Mit den entsprechenden Änderungen der Gemeindeordnung werde die Führung der Volksschule vereinheitlicht.

Kommission wehrt sich

Im Gemeinderat stellte sich nur die SVP-Fraktion gegen die Vorlage. Zwar lehnte der Gemeinderat den grössten Stein des Anstosses, die Zentralisierung der Schulführung ab, aber was bleibt, ist für die SVP eine unausgereifte Vorlage. Mit ähnlichen Argumenten lehnt auch die von Lauber geleitete Schulkommission für die Sonderschulen und weitere gesamtstädtische sonderpädagogische Angebote ihre Abschaffung ab. Die neuen Strukturen seien zu wenig durchdacht. Befürchtet wird, dass den Anliegen der Sonderschulen und der Kinder mit besonderen Bedürfnissen künftig zu wenig Rechnung getragen werde.


1 Kommentar:

  1. Kein Wort davon, dass die Abschaffung der Schulkommission (als Kommission des Gemeinderates) ein weiterer Demokratieabbau in der Volksschule bedeutet. Kein Wort davon, dass gleichzeitig der Kindergarten aus der Gemeindeordnung „gekippt“ werden soll, obwohl die Stimmbürger des Kantons Zürich im Jahr 2012 mit 71% Ja für die Beibehaltung des Kindergartens und gegen die Grundstufe gestimmt haben.

    Was ist das für eine Ausrichtung auf Integration, wenn sie auf dem Buckel der Kinder mit besonderen Bedürfnissen geschieht, in dem die Aufsicht der spezialisierten Milizschulpflege abgeschafft wird?

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